Alkoholsucht (Alkoholabhängigkeit) und Reha

Alkoholsucht ist eine seelische Erkrankung

Bei der Alkoholsucht (Alkoholabhängigkeit) handelt es sich um eine seelische Erkrankung, die sich schleichend über Jahre hinweg entwickelt. Obwohl hierzulande die meisten Erwachsenen Alkohol trinken, führt Alkoholkonsum nur bei einigen Menschen zur Abhängigkeit. Erfahren Sie hier alles über die Ursachen der Alkoholsucht, die Therapie und die Rehabilitation.

Alkoholsucht: Allgemeines

Als Alkoholsucht bezeichnet man die körperliche und psychische Abhängigkeit von der chemischen Substanz Ethanol. Hierzulande sind alkoholhaltige Getränke wie Bier, Wein und Schnaps fester Bestandteil der Kultur und gesellschaftlich anerkannt. In Deutschland trinken mehr als 95 Prozent der Erwachsenen gelegentlich Alkohol. 9,5 Millionen Deutsche zeigen ein Trinkverhalten, das über das normale Maß des Alkoholkonsums hinausgeht. 1,3 Millionen sind alkoholabhängig (1). 10 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren geben an, dass sie mindestens einmal wöchentlich Alkohol trinken. Im Jahr 2013 konsumierte jeder Deutsche durchschnittlich 9,7 Liter reinen Alkohol. Die Sucht kann junge und alte Menschen, Männer und Frauen gleichermaßen treffen. Männer sind jedoch dreimal häufiger betroffen als Frauen.

Foto eines Mannes mit Alkoholsucht, der sich Alkohol eingießt

9,5 Millionen Deutsche zeigen ein Trinkverhalten, das über das normale Maß des Alkoholkonsums hinausgeht. 1,3 Millionen sind alkoholabhängig (1) - Foto: © Photographee.eu / panthermedia.net

Alkoholsucht: Ursachen / Risikofaktoren / Suchtprävention

Ursachen der Abhängigkeit

Der Konsum der gleichen Alkoholmenge macht die einen Menschen abhängig, die anderen nicht. Die Ursachen liegen in einer genetischen Veranlagung, den Gründen für den Alkoholkonsum und dem sozialen Umfeld. Alkohol hellt in kleineren Mengen die Stimmung auf, baut Hemmungen ab und fördert die Kommunikationsbereitschaft. Deshalb machen viele Menschen zum Teil bereits im Jugendalter positive Erfahrungen mit Alkohol. Es besteht eine höhere Suchtgefahr, wenn bereits in der Familie Alkoholkonsum normal und Mittel der Problembewältigung war. Besonders bei Jugendlichen spielt auch der Gruppendruck unter Freunden eine Rolle. Traumatische Erlebnisse, vor allem in der Kindheit, begünstigen die Entstehung von Alkoholismus.

Prävention der Alkoholsucht

Nur durch völlige Abstinenz kann man einer Alkoholabhängigkeit sicher vorbeugen. Wer Alkohol konsumieren möchte, sollte dabei einige Vorsichtsmaßnahmen einhalten: Die Trinkmenge sollte möglichst niedrig sein und nicht gesteigert werden. Experten gehen davon aus, dass der Konsum von mehr als 12 Gramm Alkohol pro Tag (bei Frauen) und 24 Gramm Alkohol bei Männern als „riskanter Konsum“ einzustufen ist und eine Suchtgefahr darstellt (2). Zum Vergleich: 0,33 Liter Bier entsprechen rund 13 Gramm Alkohol. Das Trinken sollte nicht als Mittel gegen Frust, Hemmungen oder Ängste genutzt werden. An mindestens zwei Tagen der Woche sollte kein Alkohol getrunken werden. Die wichtigste Maßnahme ist es, bei bedenklichem Konsum (dem eigenen oder dem von Freunden und Verwandten) rechtzeitig Hilfe bei einer Beratungsstelle oder einem Arzt zu suchen.

Alkoholsucht: Erscheinungsbild / Symptome / Verlauf

Verlauf der Suchtentwicklung

Der Übergang vom regelmäßigen Alkoholgenuss zur Sucht ist fließend. Mit der Zeit entwickelt sich eine Toleranz: Es ist immer mehr Alkohol nötig, um die angenehme Wirkung zu erleben. Nach und nach treten dann Zeichen einer körperlichen Abhängigkeit (Entzugserscheinungen) auf, wenn kein Alkohol konsumiert wird. Da Alkohol das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert, kommt es zu einer psychischen Abhängigkeit und einem starken Verlangen, erneut Alkohol zu konsumieren. Schließlich dreht sich alles nur noch um den Alkohol. Interessen und Sozialleben werden vernachlässigt.

Akute Auswirkungen des Alkoholkonsums

Größere Mengen Alkohol verursachen Wahrnehmungsstörungen, Sprechstörungen („Lallen“) und Koordinationsstörungen. Eine Alkoholvergiftung kann schlimmstenfalls zum Tod durch Kreislaufversagen oder Atemstillstand führen. Psychisch kommt es beim Alkoholkonsum zu einer Enthemmung, die bis zum kompletten Kontrollverlust gehen kann. Dadurch werden Straftaten, Unfälle oder unüberlegte Handlungen unter Alkoholeinfluss wahrscheinlicher. Während der Schwangerschaft kann Alkohol beim ungeborenen Kind körperliche und psychische Schäden hervorrufen.

Symptome chronischen Alkoholmissbrauchs

Alkohol wirkt zudem als Zellgift. Regelmäßiger und übermäßiger Alkoholkonsum führt zu

  • Leberschäden,
  • Entzündungen des Magen-Darm-Trakts und der Bauchspeicheldrüse,
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
  • Gehirnschäden.

Alkoholmissbrauch steigert außerdem das Krebsrisiko im Bereich von Mund, Rachen und Speiseröhre. Entzugserscheinungen wie Übelkeit, Schweißausbrüche, Zittern und Unruhe treten auf. Das Risiko für Ängste und Depressionen steigt. Häufige Folgen einer Alkoholabhängigkeit sind auch soziale Ausgrenzung, familiäre Probleme und der Verlust von Freunden oder des Arbeitsplatzes. Typische Anzeichen für Alkoholismus können das Verstecken von Alkohol und heimliches Trinken sein.

Alkoholsucht: Untersuchungen & Diagnose

Bei Verdacht auf eine Alkoholsucht klärt der Arzt zunächst die typischen Symptome und Verhaltensweisen in einem Gespräch ab: Wie oft trinken Sie? Wie oft denken Sie an Alkohol? Haben Sie den Alkoholkonsum schon einmal reduziert und wie ging es Ihnen dann? Was bewirkt der Alkohol bei Ihnen? Haben Sie körperliche Symptome wie Schlafstörungen, Zittern, Schwitzen? Zusätzliche Hinweise geben bestimmte Blutwerte, wie zum Beispiel die Leberwerte. Erhärtet sich der Verdacht, findet in der Regel eine Überweisung zu spezialisierten Fachärzten oder Kliniken statt.

Nach internationalen Kriterien liegt eine Sucht vor, wenn drei der folgenden Punkte zutreffen:

  • Starkes Verlangen nach Alkohol
  • Keine Kontrolle über die Trinkmenge mehr möglich
  • Entzugserscheinungen treten auf, wenn kein Alkohol getrunken wird
  • Die konsumierte Alkoholmenge steigerte sich kontinuierlich (Toleranzentwicklung)
  • Der Alkohol steht im Mittelpunkt, andere Interessen werden vernachlässigt
  • Trotz negativer Folgen hören Betroffene nicht auf zu trinken

Alkoholsucht: Therapie & Reha / Leben nach dem Entzug

Ziel jeder Therapie und Reha bei Alkoholsucht ist es, auf Dauer eine Abstinenz oder zumindest eine starke Einschränkung des Alkoholkonsums zu erreichen. Im Vergleich zu anderen Krankheiten ist die Behandlung von Suchterkrankungen immer langwierig. An eine akute Therapie schließt sich in den meisten Fällen eine Reha an, die Betroffenen dabei hilft, dauerhaft ohne Alkohol zu leben.

Phasen der Therapie bei Alkoholsucht

Die Therapie einer Alkoholsucht kann in vier Phasen unterteilt werden:

  1. Kontaktphase: Hier stehen Beratung und ärztliche Untersuchungen im Vordergrund. Betroffene müssen das Alkoholproblem selbst erkennen und eine innere Motivation für die Therapie finden.
  1. Entzugsphase oder Reduktionsphase: Um eine Abstinenz zu erreichen, müssen Betroffene im Rahmen eines Entzugs zunächst vom Alkohol entwöhnt werden. Um bei Entzugserscheinungen ärztlich eingreifen zu können, findet diese Phase in der Regel im Krankenhaus statt. Wünscht der Betroffene (noch) keinen Entzug, ist eine ärztlich kontrollierte Verringerung der Trinkmenge möglich.
  1. Entwöhnungsphase (Reha): Nach der akuten Entgiftung müssen weitere Hürden genommen werden. Fachkliniken unterstützen Betroffene ambulant oder stationär dabei, im Alltag wieder ohne Alkohol zurecht zu kommen. Diese Phase kann mehrere Monate dauern.
  1. Nachsorgephase: Die Rückkehr in den Alltag ist für Betroffene immer schwer. Sie sehen sich dort oft wieder mit den früheren Ängsten und Problemen konfrontiert. Regelmäßige Gespräche in Suchtambulanzen, bei Fachärzten, Beratungsstellen oder in Selbsthilfegruppen können die psychische Motivation zur Abstinenz erhalten.

Reha bei Alkoholsucht

Unter der Reha versteht man bei Alkoholsucht die ambulante oder stationäre Betreuung während der Entwöhnungsphase. Sie dauert in der Regel zwischen 8 und 16 Wochen.

Maßnahmen in der Reha

Therapeutische Maßnahmen finden entweder in Einzelgesprächen oder in Gruppen statt. In der Verhaltenstherapie lernen Betroffene Strategien, um den Drang nach Alkohol zu überwinden. Eine begleitende medikamentöse Behandlung, Entspannungstechniken und Bewegungstherapien können die Behandlung unterstützen. Das oberste Ziel ist die Vermeidung von Rückfällen. Dazu wird der Umgang mit Risikosituationen geschult (psychischer Druck, Besuch von Feiern oder Gaststätten, Streit mit dem Partner). Die Auslöser und Hintergründe der Sucht werden herausgearbeitet. Partner- oder Familiengespräche vermitteln Angehörigen das Wissen, wie sie den Betroffenen unterstützen und dem Alkoholkonsum entgegenwirken können.

Klinikschwerpunkt

Bei der Wahl der Klinik sollten Sie auf Ihre individuellen Anforderungen achten. Es gibt Rehakliniken, bei denen Sie berufsvorbereitende Maßnahmen durchführen können und umfangreiche Unterstützung bei der beruflichen Wiedereingliederung erhalten. Andere Kliniken bieten umfassende kreative und musikalische Aktivitäten, Sportangebote oder alternative Heilmethoden, die die Therapie unterstützen.

Chancen und Nutzen der Reha bei Alkoholsucht

Eine Alkoholsucht kann nicht „geheilt“ werden. Den meisten Betroffenen gelingt es aber, durch die Reha den Alkoholkonsum aufzugeben und „trocken“ zu werden. Experten empfehlen nach einem Entzug eine Reha (3). Diese ist besonders wirkungsvoll, wenn sie stationär in einer Klinik durchgeführt wird. 85 Prozent aller Patienten, die nur eine Entgiftung ohne anschließende Entwöhnung machen, werden wieder rückfällig (4). Eine Reha bessert die Chancen erheblich. Ein Jahr nach einer Entwöhnungsbehandlung sind rund 70 Prozent immer noch abstinent.

Über die Autorin

Dr. Silvia Nold ist promovierte Biologin mit mehrjähriger Erfahrung in der medizinisch-wissenschaftlichen Diagnostik.

Quellen

  • (1) Beauftragte der Bundesregierung für Drogenfragen, Broschüre: Drogen- und Suchtbericht 2016. Juni 2016.
  • (2) Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen. Suchtmedizinische Reihe, Band 1: Alkoholabhängigkeit. 2013.
  • (3) Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde: Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen. 2016.
  • (4) M. Bottlender: One drink, one drunk - Ist kontrolliertes Trinken möglich? PPmP Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie 2007; 57 (1): S. 32-38

Kliniken in denen Alkoholsucht behandelt wird


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