Angststörungen (Angsterkrankung) und Reha

Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen

Laut einer Untersuchung der Deutschen Rentenversicherung Bund (3) zählen Angststörungen (Angsterkrankung) und Depressionen mit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen, die eine Reha erforderlich machen. Angststörungen können Betroffene stark belasten. Ängste oder Panikattacken führen dazu, dass bestimmte Situationen schwerfallen oder ganz gemieden werden. Das schränkt die Lebensqualität deutlich ein. Dabei kann die Angst auf konkrete Dinge gerichtet sein (zum Beispiel Flugangst) oder unabhängig von spezifischen Auslösern auftreten.

Angststörungen: Allgemeines

Angst ist eine normale und wichtige Reaktion des Körpers, die vor Verletzungen und unnötigen Risiken schützt. Sie sorgt dafür, dass wir aufmerksam im Straßenverkehr sind, unsere Krankheiten behandeln oder nachts die Haustür abschließen. Niemand ist frei von Angst. Menschen mit einem gestörten Angsterleben leiden jedoch unter unverhältnismäßig starken Ängsten. Mögliche oder tatsächliche Bedrohungen werden überschätzt. In diesem Fall spricht man von einer Angststörung oder Angsterkrankung. Angststörungen sind bei Frauen die häufigste, bei Männern die zweithäufigste psychische Erkrankung. In Deutschland waren laut einer Studie im Zeitraum von einem Jahr 15,3 Prozent aller 18- bis 79-Jährigen von einer Angststörung betroffen (1).

Angststörungen: Ursachen

Bei der Entstehung von Angststörungen spielen mehrere Faktoren zusammen. Eine Veranlagung, belastende Lebensereignisse aber auch fehlende, erlernte Mechanismen zum Umgang mit Ängsten können eine Rolle spielen. Auch starker Stress kann den Körper unter dauernder Anspannung halten. Dadurch steigt die Bereitschaft, mit Angst zu reagieren. Zusätzlich können Alkohol, Drogen, bestimmte Medikamente und Erkrankungen dazu beitragen, dass Ängste und Panik entstehen.

Zu konkreten Ängsten kann es in einigen Fällen durch Fehlverknüpfungen kommen. Erreicht jemand nach hektischem Sprinten gerade noch den Zug, ist er außer Atem und gestresst. Nun kann es passieren, dass die Körpersignale als Angst gedeutet werden. Die Atemlosigkeit wird auf die Enge im Zugabteil oder auf die Nähe zu den Menschen ringsum zurückgeführt. In Zukunft springt das Alarmsystem des Körpers nun in jeder ähnlichen Situation an. Vertieft sich die Erkrankung, reicht oft schon der bloße Gedanke an den Auslöser, um Angstreaktionen hervorzurufen.

Angststörungen: Symptome

Wichtigstes Symptom von Angsterkrankungen ist das Gefühl der Angst. Es ist häufig mit körperlichen Beschwerden wie Herzrasen, Schweißausbrüchen, Übelkeit, Schwindel oder Atemnot verbunden. Fast immer meiden Menschen mit Angststörungen die Angstauslöser. Das führt dazu, dass sich die Ängste verstärken und verselbständigen. In vielen Fällen steht dann nicht mehr die Angst vor der Situation selbst, sondern die „Angst vor der Angst“ (Erwartungsangst) im Vordergrund. Auch Schlafstörungen, Depressionen, Konzentrationsschwierigkeiten, sozialer Rückzug, fehlendes Selbstwertgefühl oder der Missbrauch von Alkohol zur Unterdrückung der Ängste sind typisch.

Angststörungen können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Werden große Teile der Welt als bedrohlich empfunden und ist der gesamte Alltag von Ängstlichkeit und Unsicherheit geprägt, dann spricht man von einer generalisierten Angststörung. Andere Ängste sind auf konkrete Situationen oder Dinge gerichtet, zum Beispiel Tiere oder das Fliegen. Menschen mit Agoraphobie haben Angst vor öffentlichen Plätzen und Menschenmengen. Oft geht das so weit, dass Reisen oder sogar das Verlassen des Hauses kaum mehr möglich sind. Angststörungen können mit schweren Panikattacken (Panikstörungen) einhergehen.

Angststörungen: Untersuchungen & Diagnose

Die Diagnose wird durch Gespräche und eine ausführliche Befragung gestellt. Manchmal kommen dabei auch Fragebögen zum Einsatz. Der Mediziner oder Psychologe klärt ab, welche Symptome bestehen. Außerdem bezieht er für die Diagnose mit ein, wie ausgeprägt diese Symptome sind und wie lange sie schon bestehen. Eine gründliche körperliche Untersuchung gehört ebenfalls zur Diagnostik, um mögliche physische Ursachen zu erkennen. Außerdem wird untersucht, ob noch andere psychische Probleme vorliegen.

Foto einer Frau mit Angststörungen in psychotherapeutischer Reha

Foto: Frau mit Angststörungen in psychotherapeutischer Reha. – Foto © photographee.eu / panthermedia.net

In weiterführenden Gesprächen erkundet der Therapeut, welche Hintergründe die Angsterkrankung hat. Der Arzt erfragt die Vorgeschichte und die aktuellen Lebensumstände. Wichtig ist auch, wann genau die Ängste auftreten und wie sie sich auf den privaten und beruflichen Alltag auswirken. Wenn alle Erkenntnisse vorliegen, kann der Arzt die Erkrankung nach international gültigen Kriterien (den WHO-Kriterien) einstufen.

Angststörungen: Therapie & Reha

Das Ziel jeder Therapie und auch der Rehabilitation (Reha) bei Angststörungen ist es, dass wieder ein normaler Alltag ohne Einschränkungen möglich ist. Je nach Ausprägung der Erkrankung können unterschiedliche Methoden zum Einsatz kommen, damit Betroffene wieder zu Lebensfreude und hoher Lebensqualität zurückfinden.

Therapie bei Angststörungen

Bei der Behandlung von Angststörungen stehen Psychotherapie und Verhaltenstherapie an erster Stelle. Ängste lassen sich häufig nicht ganz beseitigen. Mit Mechanismen zur Angstbewältigung erreichen Patienten aber, dass die Angst nicht mehr im Vordergrund steht und das Leben kontrolliert. Der Arzt entscheidet dabei individuell, ob eine gezielte Konfrontation mit dem Angstauslöser sinnvoll ist. In einigen Fällen kann es auch helfen, mit tiefenpsychologischen Ansätzen die Ursachen der Angst zu ergründen. Begleitend können Medikamente und Entspannungsverfahren zur Lösung der Ängste beitragen. Bei stark ausgeprägten Ängsten und wenn die herkömmliche Therapie schlecht anschlägt, kann eine Reha helfen.

Rehabilitation bei Angststörungen

Ziel der Reha ist es, die Ängste zu bewältigen und wieder am sozialen Leben und Berufsleben teilhaben zu können (2). Dabei bietet die Reha die Möglichkeit einer sehr intensiven Betreuung in spezialisierten Kliniken. In der Reha können medikamentöse Behandlungen weitergeführt und optimiert werden, der Schwerpunkt liegt jedoch darauf, dass Patienten die Ängste weniger stark empfinden und langfristig besser damit umgehen können.

Psychotherapeutische Betreuung in der Reha

Patienten mit Ängsten nehmen die Welt anders wahr. Ängste und körperliche Symptome wie Atemnot können nicht bewusst gesteuert werden. Dieser Kontrollverlust an sich wird oft als bedrohlich empfunden. Es kommt zu einem Teufelskreis, bei dem sich die Angst immer mehr verselbständigt. In der Reha werden für jeden Patienten individuelle therapeutische Ansätze zusammengestellt, um diese Angstspirale  zu durchbrechen. Einzelgespräche und Gruppentherapien mit unterschiedlichen Schwerpunkten sind möglich.

Ein Therapieziel kann sein, die eigene Angst besser zu verstehen. Wer versteht, was sich bei einer Angstattacke im Körper abspielt, kann auch bewusster gegensteuern. Auch eine bessere Selbstkontrolle und eine Verringerung der Angstsymptome können durch Psychotherapie erreicht werden.

Begleitende Maßnahmen

Verfahren zur Entspannung und Stressbewältigung können zur Überwindung von Ängsten beitragen. In der Reha haben Betroffene deshalb die Möglichkeit, Techniken wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung zu erlernen, die Zuhause weitergeführt werden sollten. Da körperliches Training Angstsymptome lindern kann, bieten Rehakliniken individuelle Sportmöglichkeiten und Kurse an. Auch Krankengymnastik, Atemtherapie, Ergotherapie und berufsorientierte Maßnahmen sind mögliche Therapie-Bausteine .

Heilungschancen und Nutzen der Reha

Angststörungen können chronisch werden. Die Angst verfestigt sich dann immer mehr. Die Gedanken konzentrieren sich zunehmend auf negative Erwartungen. Betroffene meiden die Angstauslöser. Manchmal wird alles außerhalb der eigenen Wohnung als bedrohlich erlebt. Die Hemmschwelle, sich der angstauslösenden Situation zu stellen, wird immer größer.

Eine Reha setzt genau hier an und hilft dabei, Angstmuster zu durchbrechen. Besonders hilfreich ist die Reha dann, wenn ambulante Therapien ausgeschöpft sind oder keinen ausreichenden Erfolg bringen (2). Die Reha zeigt Angstpatienten Wege, um wieder am beruflichen und sozialen Leben teilhaben zu können. Dabei steht im Vordergrund, dass Betroffene (wieder)entdecken, wie sie Ängste überwinden, ihr Leben aktiv gestalten und sich selbst helfen können.

Über die Autorin

Dr. Silvia Nold ist promovierte Biologin mit mehrjähriger Erfahrung in der medizinisch-wissenschaftlichen Diagnostik.

Quellen

(1) Jacobi F, et al. Mental disorders in the general population : Study on the health of adults in Germany and the additional module mental health (DEGS1-MH). Nervenarzt 2014;85(1):77-87.

(2) Bandelow B, et al. S3-Leitlinie „Behandlung von Angststörungen“. 2014

(3) Deutsche Rentenversicherung Bund – Geschäftsbereich Sozialmedizin und Rehabilitation (Hg.): Positionspapier der Deutschen Rentenversicherung zur Bedeutung psychischer Erkrankungen in der Rehabilitation und bei Erwerbsminderung. 1. Auflage (1/2014). Berlin

Kliniken in denen Angststörung behandelt wird


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