Bandscheibenvorfall (Bandscheibenprolaps) und Reha

Ein Bandscheibenvorfall und die Folgen

Bandscheiben dienen als Polster zwischen den einzelnen Rückenwirbeln. Verschiebt sich der innere Kern einer Bandscheibe, spricht man vom Bandscheibenvorfall. Die Folge können starke Schmerzen sein, die manchmal auch in Arme oder Beine ausstrahlen. Eine Operation ist in den meisten Fällen nicht nötig. Erfahren Sie hier alles über den Bandscheibenvorfall, die Therapie und die Rehabilitation (Reha).

Foto: Frau mit Bandscheibenvorfall beim Arzt

Foto: Frau mit Bandscheibenvorfall beim Arzt - © JPC-PROD / fotolia

Bandscheibenvorfall: Allgemeines

Bandscheiben bestehen aus einem elastischen Gallertkern, der von festen Bindegewebsfasern umgeben ist. Sie dienen als „Stoßdämpfer“ zwischen den einzelnen Wirbelkörpern der Wirbelsäule. Von einem Vorfall der Bandscheibe spricht man, wenn die faserige Hülle bricht und der gelartige Kern durch den Riss der Umhüllung nach außen dringt. Der austretende Kern kann auf die im Rückenmark verlaufenden Nerven drücken und Schmerzen auslösen.

Der Bandscheibenvorfall wird danach charakterisiert, ob er im Bereich der Lendenwirbelsäule (lumbal, ca. 90 % der Fälle), der Brustwirbelsäule (thorakal, selten, < 1 % der Fälle) oder der Halswirbelsäue (zervikal, ca. 10 % der Fälle) auftritt. Da im unteren Drittel des Rückens der größte Druck auf die Wirbelsäule ausgeübt wird, sind hier Probleme am häufigsten.

Bandscheibenvorfall: Ursachen

Mit zunehmendem Alter nimmt die Elastizität der Bandscheiben ab. Das Bindegewebe wird instabiler. Dadurch reißt die Kapsel um den Bandscheibenkern leichter und der Kern kann austreten. Betroffene sind meist zwischen 30 und 50 Jahren alt. Das Risiko für Bandscheibenvorfälle im Bereich der Lendenwirbelsäule nimmt ab dem 50. Lebensjahr wieder ab, da der Bandscheibenkern dann immer mehr an Wasser verliert, dadurch kleiner wird und bei Rissen in der umhüllenden Kapsel seltener austritt. Auch Übergewicht und eine zu schwache Rumpfmuskulatur können zur Entstehung eines Bandscheibenvorfalls beitragen. Manchmal sind auch Krafteinwirkungen bei einem Sturz oder Unfall die Ursache. Bandscheibenvorfälle der Halswirbelsäule treten häufig bei älteren Menschen auf. Mit zunehmendem Alter kommt es zu Verschleißerscheinungen der Halswirbel. Die Wirbel werden lockerer und die Bandscheiben weniger elastisch. In einigen Fällen können abrupte Drehbewegungen des Kopfes einen Bandscheibenvorfall auslösen.

Bandscheibenvorfall: Erscheinungsbild / Symptome

Manchmal verursacht ein Bandscheibenvorfall kaum Beschwerden. In den meisten Fällen treten bei Bandscheibenvorfällen im Lendenwirbelbereich jedoch plötzliche, starke Rückenschmerzen auf. Bewegung, Niesen oder Husten verschlimmern die Beschwerden. Als Reaktion auf den Schmerz, kann sich die Muskulatur des Rückens spürbar verkrampfen und sich hart und steif anfühlen. Ist der untere Lendenwirbelbereich betroffen, wo auch der Ischiasnerv verläuft, können die Schmerzen in ein Bein oder in das Gesäß ausstrahlen. Auch ein taubes Gefühl oder Lähmungen in einem Bein sind möglich. Tritt der Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule auf, schmerzt der Nacken. Der Schmerz kann in Arm, Hand oder Hinterkopf ausstrahlen. Dort kann es auch taub werden, kribbeln oder zu einem Kältegefühl kommen. Manchmal lässt sich der Kopf nicht mehr ohne große Schmerzen gerade aufrichten.

Bandscheibenvorfall: Untersuchungen & Diagnose

Plötzlich auftretende Rückenschmerzen können eine Reihe unterschiedlicher Ursachen haben. Das Ziel der Untersuchung ist deshalb, den Auslöser der Schmerzen herauszufinden und sicher festzustellen, ob tatsächlich ein Bandscheibenvorfall vorliegt.

Körperliche Untersuchung

Der Arzt wird zunächst abklären, in welchem Zusammenhang die Schmerzen das erste Mal aufgetreten sind. Er fragt Sie zum Beispiel, wie stark die Schmerzen sind, wo sie genau lokalisiert sind und ob sie in andere Körperbereiche ausstrahlen. Dann werden Muskelkraft, Reflexe, Durchblutung und das Gefühlsempfinden in den Beinen (bei Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule auch in den Armen) überprüft. Die Lage der schmerzenden Bereiche und möglicher Lähmungen oder Taubheitsgefühle lässt bereits eine erste Eingrenzung zu, welche Rückenwirbel betroffen sind.

Bildgebung

Sicher nachweisen lässt sich ein Bandscheibenvorfall durch eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder eine Computertomografie (CT). Diese aufwändigen Untersuchungen werden nur dann durchgeführt, wenn ein konkreter Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall vorliegt. Röntgen ist als Nachweis ungeeignet, da es nur Knochen darstellt. Das Nervengewebe und das Gewebe der Bandscheiben sind im Röntgenbild nicht deutlich sichtbar.

Spezielle Untersuchungen

Bei Lähmungen oder Taubheitsgefühlen kann mit speziellen Methoden die Muskel- und Nervenaktivität gemessen werden. Untersuchungen des Blutes und manchmal auch der Rückenmarksflüssigkeit dienen dazu, bestimmte Infektionskrankheiten auszuschließen (zum Beispiel Borreliose), deren Symptome denen eines Bandscheibenvorfalls ähneln können.

Bandscheibenvorfall: Therapie & Reha

Die Symptome eines Bandscheibenvorfalls hängen von der Lage der betroffenen Bandscheibe ab. Werden keine Nerven gequetscht, kann ein Bandscheibenvorfall auch gänzlich ohne Symptome bleiben. In diesem Fall ist keine Therapie notwendig. Treten Schmerzen oder neurologische Beschwerden auf, sorgen die Behandlung und die Reha dafür, dass in neun von zehn Fällen nicht operiert werden muss.

Therapie bei Bandscheibenvorfall

Eine Operation an der Wirbelsäule wird nur dann durchgeführt, wenn sie unbedingt nötig ist. In den meisten Fällen reicht eine sogenannte „konservative Behandlung“, also eine Therapie ohne Operation (1). Ziel ist es, innerhalb weniger Wochen die Symptome deutlich zu verbessern oder sogar ganz zu beseitigen. Die konservative Therapie lässt sich am intensivsten im Rahmen einer Reha umsetzen.

Bessern sich Beschwerden innerhalb von ein bis zwei Monaten nicht oder sind die Symptome sehr ausgeprägt, kann ein chirurgischer Eingriff nötig werden. Bei einer Bandscheibenoperation wird entweder die gesamte Bandscheibe oder nur das Gewebe, das auf die Nerven drückt, entfernt. Pro Jahr werden in Deutschland rund 140.000 Operationen an Bandscheiben durchgeführt. Dabei kommen häufig neue und schonende Verfahren zum Einsatz, zum Beispiel mikrochirurgische Operationstechniken.

Rehabilitation nach einem Bandscheibenvorfall

Nach einem Bandscheibenvorfall hilft eine ambulante oder stationäre Reha dabei, die Beschwerden zu lindern und eine Operation zu verhindern. Muss operiert werden, trägt eine Reha zu einer schnellen Rückkehr in den Alltag bei.

Reha nach einer Operation

Nach einem chirurgischen Eingriff an der Wirbelsäule empfehlen Experten eine sogenannte Anschlussheilbehandlung (AHB). Die Reha startet dabei direkt nach der Operation. Geschultes Fachpersonal und Fachärzte helfen Ihnen während der AHB beim Aufbau der Muskulatur. Zusätzlich sorgen Ernährungsberatungen, psychologische Beratungen und Hilfe bei der Krankheitsverarbeitung dafür, dass Sie bald wieder fit für den Alltag sind. Alle Maßnahmen werden genau auf die Art der durchgeführten Operation und Ihre individuellen Beschwerden nach dem Eingriff abgestimmt.

Konservative Therapie in der Reha

Oft kann ein Bandscheibenvorfall ohne Operation behandelt werden. Wichtig ist dabei vor allem die schnelle Linderung der Schmerzen, um Sie wieder beweglich zu machen. Ansonsten schonen Sie sich zu lange oder nehmen Fehlhaltungen ein, um Schmerzen zu vermeiden. Dadurch werden Muskeln abgebaut, die Wirbelsäule falsch belastet und Beschwerden noch weiter verschlimmert. In einer Reha sorgen gut aufeinander abgestimmte Maßnahmen für eine schnelle Schmerzfreiheit.

Therapeutische und beratende Maßnahmen in der Reha

In der Reha wird für jeden Patienten ein individueller Therapieplan erstellt. Dabei können viele unterschiedliche Maßnahmen zum Einsatz kommen:

  • Schmerztherapie: Neben Medikamenten kann bei starken Schmerzen auch eine therapeutische Lokalanästhesie zum Einsatz kommen. Alternative Therapien wie die Akupunktur können in manchen Fällen ebenfalls helfen.
  • Verhaltenstherapie und Entspannungstechniken: Starke Schmerzen können zu Ängsten führen. Angst vor Schmerzen bewirkt übermäßige Schonung und weniger Bewegung (2). In einer Rehaklinik sorgen deshalb psychologische Therapien und Entspannungsverfahren (zum Beispiel progressive Muskelentspannung) für den Abbau von Stress und Angst.
  • Beratung und Rückenschule: In der Reha lernen Sie alles über Ihre Erkrankung, die richtige Körperhaltung, rückenschonende Bewegungen und bekommen Tipps zum Verhalten im Alltag.
  • Bewegungstherapie: Dehn-, Ausdauer- und Kraftübungen sind ein wesentlicher und zentraler Faktor in der Reha. Experten empfehlen die mit einem Facharzt geplante und ärztlich kontrollierte Bewegungstherapie (3), um Muskeln aufzubauen.
  • Physiotherapie: Zur Physiotherapie gehören neben krankengymnastischen Maßnahmen auch Wärme-, Elektro- und Ultraschallanwendungen sowie Wassergymnastik, Massagen und Bäder. Die Physiotherapie lindert Schmerzen, reduziert Wassereinlagerungen (Ödeme) und verbessert die Beweglichkeit.
  • Weitere Maßnahmen: Rehakliniken bieten noch zusätzliche Maßnahmen an, von Ergotherapie über Beratungen zu Hilfsmitteln (wie Greifhilfen und angepasster Kleidung), Ernährungsberatung bis hin zu Kursen in verschiedenen Sportarten.

Chancen und Nutzen der Reha

Bei rund 90 Prozent aller Bandscheibenvorfälle reicht eine konservative Behandlung aus und es muss nicht operiert werden. Das Zeitfenster ist dabei relativ eng: Wenn sich die Beschwerden innerhalb von sechs bis acht Wochen nicht bessern, sinken die Erfolgschancen der nicht-operativen Therapie rapide (1). Dann kann ein chirurgischer Eingriff nötig werden. Eine Reha hilft dabei, diese Zeit optimal zu nutzen. Es werden Muskeln aufgebaut, Schmerzen gelindert, eine falsche Haltung vermieden und die Beweglichkeit verbessert. Damit wachsen auch Ihre Lebensqualität und das Selbstvertrauen in Ihre eigenen Fähigkeiten wieder. Ist eine Operation nötig, sorgt eine anschließende Reha dafür, dass eine schnelle Rückkehr in Beruf, Familie und Freizeit möglich ist. Zudem erlernen Sie in der Reha, wie Sie einem erneuten Bandscheibenvorfall vorbeugen können.

Über die Autorin

Dr. Silvia Nold ist promovierte Biologin mit mehrjähriger Erfahrung in der medizinisch-wissenschaftlichen Diagnostik.

Quellen

  • (1) S2k Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC): AWMF Leitlinie zur konservativen und rehabilitativen Versorgung bei Bandscheibenvorfällen mit radikulärer Symptomatik. 2014.
  • (2) Pfingsten, M: Angstvermeidungs-Überzeugungen bei Rückenschmerzen - Gütekriterien und prognostische Relevanz des FABQ. Schmerz; 18,17-27. 2004.
  • (3) Krämer J, Wilcke A, Krämer R: Wirbelsäule und Sport: Empfehlungen von Sportarten aus orthopädischer und sportwissenschaftlicher Sicht. Deutscher Ärzte-Verlag. 2005.

Kliniken in denen Bandscheibenvorfall behandelt wird


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