Fast jeder Mensch leidet mindestens einmal in seinem Leben unter Schmerzen im Rücken. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein. Die meisten Fälle von Rückenschmerzen sind harmlos und lassen sich gut ohne Medikamente oder Operationen behandeln. Oft reichen Massagen, Behandlungen mit Wärme oder Sportübungen. Erfahren Sie hier mehr über die Auslöser von Rückenschmerzen, die Therapie und die Rehabilitation (Reha).
Foto: Physiotherapeutin behandelt während einer Reha-Maßnahme die Rückenschmerzen eines Patienten an einem Trainingsgerät - © Kzenon / Stockfresh.com
Rückenschmerzen sind das Volksleiden schlechthin. Zwei Drittel der Deutschen geben an, dass sie im vorangegangenen Jahr mindestens einmal stärkere Schmerzen im Rücken hatten. 12 Prozent spüren die Schmerzen sogar täglich. Jedes Jahr gehen rund 20 Millionen Deutsche wegen Rückenschmerzen zum Arzt. Bereits Kinder können betroffen sein: Zwei von drei Schülern zwischen zehn und sechzehn Jahren gaben in Befragungen an, dass sie Rückenprobleme haben. Mediziner warnen davor, dass sich diese Entwicklung immer stärker fortsetzen wird, wenn Sport und Bewegung immer mehr durch Smartphones und Spielekonsolen ersetzt werden.
Die Ursachen für Rückenschmerzen sind in vielen Fällen fehlende Bewegung oder einseitige Belastungen (zum Beispiel die falsche Technik beim Heben von Lasten). Langes Sitzen an nicht ergonomisch eingerichteten Arbeitsplätzen, eine schlechte Haltung und Übergewicht tragen zur Entstehung von Rückenschmerzen bei. Stress und psychische Probleme verstärken in manchen Fällen die Beschwerden. Manchmal entstehen Schmerzen auch durch Entzündungen im Rücken, die zum Beispiel durch Kälte (Zug) ausgelöst werden können.
Seltenere Ursachen für Rückenschmerzen sind Reizungen, Quetschungen oder Schädigungen der Nerven. Besonders häufig ist hier der aus dem Rückenmark austretende Ischiasnerv betroffen. Auch ein Verschleiß der Wirbelsäule und Zerrungen oder Blockaden im Bereich der Wirbelgelenke können Rückenschmerzen auslösen. Die Bandscheiben kommen ebenfalls als Auslöser in Frage: Sie liegen zwischen den einzelnen Rückenwirbeln und wirken wie elastische Polster. Wölben sie sich vor oder verrutschen sie (Bandscheibenvorfall), können starke Schmerzen auftreten. Manchmal können auch andere Erkrankungen Schmerzen verursachen, die in den Rücken ausstrahlen. Dazu gehören zum Beispiel Entzündungen von Niere, Lunge, Herz, Bauchspeicheldrüse oder Speiseröhre.
Ist die Ursache für die Beschwerden nicht klar auszumachen, sprechen Mediziner von unspezifischen Rückenschmerzen. Dies betrifft rund 80 Prozent aller Betroffenen. Meist sind verspannte, überdehnte oder verkürzte Muskeln die Ursache. Die damit verbundenen Beschwerden sind noch keine Erkrankung im eigentlichen Sinne. Sie sollten aber dennoch behandelt werden, damit sich die Rückenschmerzen nicht festsetzen und chronisch werden.
Rückenschmerzen können sich unterschiedlich äußern. Für den Arzt ist es besonders wichtig zu erfahren, wo der Schmerz auftritt. Dabei wird der Rücken in drei Bereiche unterteilt: Hals-, Brust- und Lendenbereich. Die Lendenwirbelsäule am unteren Rücken ist am häufigsten betroffen. Schmerzen im obersten Bereich (Halswirbelsäule) können unter anderem durch verspannte Muskeln im Nacken oder durch Entzündungen entstehen. Der Schmerz kann bis in den Hinterkopf, in Arme oder Schultern ausstrahlen. Schmerzen, die innerhalb von maximal zwölf Wochen abklingen, nennt man akute Rückenschmerzen. Die Beschwerden verschlimmern sich oft dadurch, dass Patienten aufgrund der Rückenschmerzen eine ungesunde Schonhaltung einnehmen oder Bewegung meiden. Dann können die Schmerzen chronisch werden und über einen längeren Zeitraum immer wieder auftreten.
Um Ihre Rückenschmerzen genauer zu analysieren, wird Ihr Arzt Sie zunächst befragen. Dabei ist wichtig: Wo und wann treten die Schmerzen auf? Wie lange dauern die Beschwerden schon an? Hatten Sie früher bereits Rückenprobleme? Wurden die Rückenschmerzen schon einmal behandelt und hat die Therapie geholfen? Je nach dem Ergebnis dieser Befragung empfiehlt der Arzt Ihnen Maßnahmen zur Linderung oder führt weitere Untersuchungen durch.
Durch die routinemäßige Untersuchung von Blut und Urin kann der Arzt feststellen, ob Entzündungen oder Nierenprobleme vorliegen. Alle weiteren Untersuchungen kommen in der Regel erst dann zum Einsatz, wenn sich Schmerzen durch konventionelle Behandlungen nicht bessern.
Bei konkretem Verdacht auf schwerwiegendere Ursachen für die Rückenschmerzen können Röntgenbilder und spezielle Methoden wie die Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) Aufschluss über den Auslöser der Schmerzen geben.
In manchen Fällen weist die Art der Schmerzen auf eine Ursache im Bereich der Nerven hin. Dann kann die Funktion und Leitungsfähigkeit der Nervenbahnen mit speziellen Methoden bei einem Facharzt genauer untersucht werden.
In seltenen Fällen kommen weitere, spezielle Untersuchungen zum Einsatz. Dazu gehört der Ultraschall bei Verdacht auf Nierensteine oder das EKG bei Verdacht auf eine Herzerkrankung. Da Schmerzen im Bereich der Brust auch von Magen oder Speiseröhre ausgehen können, kann in diesem Fall eine Magenspiegelung Klärung bringen.
Bei Rückenschmerzen hängt die Therapie von der Ursache ab. Nur wenige Fälle müssen operiert oder mit Medikamenten behandelt werden. Häufig reichen Maßnahmen zur Vorbeugung und Rehabilitation.
Im Alltag lassen sich Rückenschmerzen mit einfachen Mitteln vorbeugen:
Akute Rückenschmerzen lassen sich fast immer sehr gut behandeln. Operationen sind nur in seltenen Fällen nötig. Schmerzlindernde oder muskelentspannende Medikamente sorgen dafür, dass körperliche Aktivität wieder möglich wird. Denn gerade Bewegung hilft, den Rücken zu stärken und Beschwerden zu lindern. Darum gehört zu einer Therapie auch immer Sport in Form von Krankengymnastik oder speziellen Übungen mit dazu. Liegen den Schmerzen andere medizinische Ursachen wie Nierensteine oder eine Lungenentzündung zugrunde, werden diese Erkrankungen entsprechend behandelt.
Jeder Rückenschmerz ist anders. Einige Patienten mit chronischen Schmerzen haben schon verschiedene und leider oft erfolglose Behandlungen hinter sich. In einer Rehabilitation (Reha) erhält jeder Patient individuell die optimale Diagnostik und Therapie. Für einige stehen Sportübungen und das Verhalten zur Vermeidung von Schmerzen im Vordergrund. Andere nehmen an einer Reha teil, um die Ursache ihrer Schmerzen genauer zu ergründen oder benötigen Hilfe beim Wiedereinstieg in den Beruf. Der Reha-Schwerpunkt kann ganz individuell angepasst werden.
In einer spezialisierten Rehaklinik für Rückenerkrankungen arbeiten Fachärzte wie Orthopäden, Neurologen, Schmerztherapeuten und Psychologen Hand in Hand mit Sportwissenschaftlern, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten. Gemeinsam ergründen sie die Schmerzursachen und legen einen individuell auf Sie abgestimmten Plan für die Maßnahmen und Behandlungen in der Reha fest. Während der Reha stehen sie jederzeit für Fragen zur Verfügung.
In einer Rehaklinik finden Sie viele Angebote für Sport und Bewegung. Experten leiten Sie dabei an und zeigen Ihnen, wie Sie Kräftigungsübungen und Ausdauersport richtig durchführen. In Schulungen lernen Sie außerdem, wie Sie sich im Alltag richtig bewegen. Damit legen Sie in der Reha-Zeit die Basis dafür, langfristig schmerzfrei zu sein. Mit Kursen zu Entspannungstechniken oder Wärmebehandlungen und Massagen werden die Muskeln entspannt und Stress abgebaut.
Leiden Sie unter weiteren Erkrankungen? Dann sind Sie nicht alleine. Viele Patienten mit Rückenschmerzen haben zusätzlich andere Probleme. Das können Verschleißerkrankungen der Gelenke, Depressionen, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, starkes Übergewicht, Lungenerkrankungen oder der Missbrauch von Schmerzmitteln sein. In der Reha gehen die Ärzte darauf ein und passen die Behandlung entsprechend an.
Die Maßnahmen der Reha können Schmerzen im Rücken nachhaltig und langfristig lindern. Das bestätigen Experten der Bundesärztekammer und Ärztegesellschaften. Bei akuten Beschwerden kann die Reha verhindern, dass die Erkrankung chronisch wird. Bei chronischen Rückenschmerzen oder nach Operationen hilft sie dabei, wieder voll beweglich zu werden und sich rückenschonend zu verhalten. Die Reha kann sogar Operationen ersetzen. Studien zeigen, dass früher bei Bandscheibenvorfällen zu häufig operiert wurde. Heute weiß man, dass bei 90 Prozent der Fälle keine Operation notwendig ist, sondern schonendere Maßnahmen ausreichen.
Dr. Silvia Nold ist promovierte Biologin mit mehrjähriger Erfahrung in der medizinisch-wissenschaftlichen Diagnostik.