Corona – Folgen des Lockdowns und der Pandemie abmildern

Aktiv gegen die Folgen von COVID-19

Es wird viel über die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns, über die Covid-19-Erkrankung und Langzeitfolgen von Corona gesprochen. Weniger allerdings über die Konsequenzen, die der Lockdown und die Pandemie-Situation für uns alle haben. Speziell für manche Kinder und Heranwachsende könnte die Pandemie langfristige Folgen haben, warnen Experten.1

Erfahren Sie hier mehr über mögliche körperliche, psychische und psychosoziale Folgen von Lockdown und Pandemie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und was Sie dagegen tun können.

Psychosoziale Folgen von COVID-19

Psychosoziale Folgen von COVID-19 –
Bildlizenz: (C) Alexandra Koch / Pixabay

Folgen des Lockdowns für die Gesundheit

Die Gründe für den Lockdown sind nachvollziehbar, auch wenn es von verschiedenen Seiten zahlreiche Kritikpunkte an der Umsetzung gibt. Ziel war es, die Zahl der Neuinfektionen niedrig zu halten, um die Zahl schwerer oder tödlicher Einzelschicksale nicht weiter ansteigen zu lassen und das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Es zeichnet sich allerdings immer stärker ab, dass die lange Lockdownzeit Folgen für alle Betroffenen hat. Je nach familiärer Situation, Arbeitstätigkeit und psychischen Voraussetzungen betrifft das manche Menschen stärker, andere weniger stark und einige gar nicht.

Vereinsamung durch den Lockdown

Vor allem in der Anfangszeit der Corona-Pandemie, als noch keine Impfungen verfügbar waren, trauten sich Risikopatienten und ältere Menschen oft kaum noch aus dem Haus. Gerade für Senioren, die sowieso wenig Kontakte hatten oder alleine leben, führte das oft zu einem Gefühl der Einsamkeit, verbunden mit entsprechenden Folgen (siehe unten). Einschränkend kommt dazu, dass ältere Menschen oft geringere Möglichkeiten zur Nutzung des Internets haben.

Aber auch jüngere und aktive Menschen sowie ältere Jugendliche waren und sind stark betroffen. Es gibt viele Menschen, bei denen der Freundeskreis eine Art Familie darstellt oder bei denen die Sozialkontakte hauptsächlich in Clubs, Restaurants oder auf Partys stattfinden. Auch hier stellt der Lockdown eine starke Einschränkung des gelebten Alltags dar und kann zu Einsamkeit, Frust, Verlustgefühlen und Wut führen. Für alleinlebende Singles ist der Lockdown zusätzlich eine Belastung, da Daheimsein gleichzeitig auch Alleinsein bedeutet und auch Partnersuche und Dates nur eingeschränkt möglich sind.

Tipps: Was lässt sich gegen fehlende Sozialkontakte tun?

Wem Sozialkontakte fehlen, der sollte trotz Corona alle Möglichkeiten (Telefonate, Social Media, Chat, Videocalls) ausnutzen und Freundschaften nicht einschlafen lassen. Treffen lassen sich Corona-gerecht gestalten. Selbst wenn die Zeit während der Pandemie einen denkbar ungeeigneten Eindruck macht, um neue Freundschaften zu schließen oder einen Partner zu finden, ist oft sogar das Gegenteil der Fall. Viele Menschen sind aktuell einsam. Darum lohnt es sich, Kontakt aufzunehmen (beispielsweise über Facebook-Gruppen, über Bekannte oder in Partnerbörsen).

Unsportlichkeit und Gewichtszunahme im Lockdown

Durch die eingeschränkten Freizeit- und Sportmöglichkeiten beklagen viele Menschen, dass während des Lockdowns die Sportlichkeit gelitten hat und das Gewicht steigt. Viele sitzen mehr, beschäftigen sich mehr mit Fernsehen oder Konsolen-/Computerspielen und verbringen mehr Zeit am Handy. Das kann zu einer Abwärtsspirale führen, wodurch man immer weniger Lust auf Aktivität hat. Dadurch entstehen Folgen für das Immunsystem (siehe unten). Aber auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes und Krebs steigt mit zunehmendem Gewicht und weniger Bewegung.

Tipps zur Vermeidung einer Gewichtszunahme und für mehr Aktivität

Hier hilft leider nur etwas Disziplin. Aber die Motivation gelingt einfacher, wenn Sport, Bewegung und Aktivitäten mit Spaß verbunden werden. Es sollte täglich Bewegung auf dem Programm stehen, am besten im Freien. Planen Sie Mahlzeiten ein, die leicht sind, kaufen Sie viel Gemüse und Obst. Aber gönnen Sie sich auch etwas, wenn Ihnen danach ist. Wichtig: Achten Sie auf Ihren Alkoholkonsum, falls dieser in der Lockdown-Zeit zunimmt.

 Verschlechterung des Immunsystems

Unter Umständen leidet auch das Immunsystem unter den Lockdown-Einschränkungen. Das ist im Hinblick auf eine mögliche SARS-Cov2-Infektion natürlich besonders ungünstig. Immunstärkende Faktoren wie Sozialkontakte, Lachen, Bewegung und gesunde Ernährung leiden oft im Lockdown. Dafür kommen Stress und Ängste dazu, die das Immunsystem schwächen. Eine Studie aus Hongkong zeigt, dass der fehlende Kontakt zu Krankheitserregern durch die Corona-Schutzmaßnahmen das Immunsystem möglicherweise “schläfrig” und weniger reaktiv werden lässt. Social Distancing führte bei dieser Untersuchung dazu, dass Kinder nach der Rückkehr in die Schule vermehrt Erkältungen und Infekte bekamen.2

Wie kann man das Immunsystem stärken?

Sie finden hier bei kurkliniken.de bereits hilfreiche Tipps, um das Immunsystem gegen Corona zu wappnen. Zusätzlich kann in der Lockdown-Situation helfen, die oben angegebenen Tipps gegen Vereinsamung und zur Förderung von wohltuenden Sozialkontakten umzusetzen. Auch die Tipps zur Vermeidung einer Gewichtszunahme und für mehr Aktivität können nebenbei auch das Immunsystem ankurbeln.

Schlechtere Gesundheitsvorsorge und Behandlung

Ärzte warnen, dass viele Menschen während der Corona-Pandemie später und weniger gern zum Arzt gehen. Die Früherkennung von Krebs und anderen Erkrankungen, Einstellung und Überprüfung von Medikamenten oder einfache Vorsorgemaßnahmen wie Blutzucker- oder Blutdruckkontrollen werden immer öfter versäumt.

Was lässt sich für eine gute Gesundheitsvorsorge tun?

Nehmen Sie Arzttermine und Vorsorgeuntersuchungen wahr. Scheuen Sie sich bei Symptomen nicht, den Arzt zu kontaktieren. Um eine Infektion mit dem Coronavirus zu vermeiden, sollten keine anderen gesundheitlichen Probleme in Kauf genommen werden, die sich unter Umständen langfristig negativ auswirken.

Psychische Probleme durch die Belastungssituation

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Studien, die die mentale Gesundheit im Lockdown zum Inhalt haben. Sie zeigen: Menschen aller Altersgruppen berichten über mehr Stress, Schlafprobleme, Essstörungen, Ängste und Depressionen, teilweise sogar Suizidgedanken, aufgrund der Covid19-Pandemie.3 Zudem stiegen Fälle häuslicher Gewalt, der Konsum von Alkohol oder Cannabis und auch die Fälle von Medikamentenmissbrauch nahmen zu.4

Was tun bei psychischen Problemen?

Bei leichteren Ängsten und Stress können manchmal Entspannungstechniken helfen. Gerade im Lockdown ist vielleicht ein guter Augenblick, autogenes Training oder progressive Muskelentspannung anhand von Videos oder Podcasts zu erlernen. Bei allen darüber hinaus gehenden psychischen Problemen, sollte unbedingt ein Experte hinzugezogen werden. Scheuen Sie sich bitte nicht, Ihren Hausarzt oder einen Psychologen, Psychiater bzw. Psychotherapeuten zu kontaktieren.

Was Sie sonst tun können:

  • Sind Sie selbst oder ein Mensch in Ihrem Umfeld akut gefährdet, sollte unbedingt der ärztliche und psychiatrische Notdienst (116 117) oder der Rettungsdienst (112) kontaktiert werden.
  • Die Telefonseelsorge bietet rund um die Uhr eine kostenlose Beratung in Deutschland unter 0800 – 1110111 oder 0800 – 1110222.
  • Lokale Hilfe- oder Sorgentelefone haben immer ein offenes Ohr und können Ihnen direkt in ihrer Stadt Ansprechpartner nennen.

Folgen der Corona-Pandemie für Kinder und Jugendliche

Leider trafen Corona-Pandemie und Lockdown Kinder und Jugendliche oft besonders hart. Gerade in einem Lebensalter, in dem die körperliche, soziale und persönliche Entwicklung so schnell voranschreitet, ist ein Jahr eine immens lange Zeit. Familien mussten ihr Leben oft stark verändern. Sozial schwache Familien, Menschen mit psychischen oder körperlichen Erkrankungen in der Familie oder Familien in beengten Wohnverhältnissen sind besonders stark betroffen.

Psychische Probleme bei Kindern durch Pandemie und Lockdown

Die COPSY (Corona und Psyche) Studie5 der Uniklinik Hamburg- Eppendorf zeigt: Fast jedes dritte Kind ist aktuell von psychischen Auffälligkeiten betroffen. Dabei wurden am häufigsten Sorgen, Ängste, Rückzug sowie Kopf- und Bauchschmerzen genannt. Beim Kinder- und Jugendtelefon “Nummer gegen Kummer” gingen im Jahr 2020 fast ein Drittel mehr Anrufe ein, als im Vorjahr. Ärzte berichten über zunehmende Fälle von pathologischem Medienverhalten. Dazu gehören die übermäßige Tablet-, PC- oder Handynutzung sowie ständiges Kommunizieren (teilweise fast den gesamten Tag) in sozialen Netzwerken, wobei die Kinder oder Jugendlichen kaum noch Kontrolle über die Dauer und Häufigkeit haben. Auch exzessives Online-Spielen gehört dazu, was in Einzelfällen sogar zu Zusammenbrüchen aufgrund durchgezockter Nächte geführt hatte. Auch Essstörungen und Depressionen bei Kindern nehmen zu.

Was lässt sich gegen psychische Probleme bei Kindern tun?

Wichtig ist, dass Eltern ihre Kinder in der Zeit von Lockdown und Pandemie genau im Auge behalten und auftretende Symptome nicht ignorieren.7 Zu starker Medienkonsum sollte eingeschränkt werden, beispielsweise durch feste Onlinezeiten. Das erfordert natürlicher wiederum Einsatz der sowieso bereits stark geforderten Eltern, da in diesem Fall Ersatzbeschäftigungen gefunden werden müssen.

Um Kinder gut durch die Pandemie zu bringen, ist außerdem besonders wichtig, dass die Eltern selbst so entspannt, humorvoll und gelassen wie möglich mit der Pandemie-Situation und den Schutzmaßnahmen (Tragen von Masken, Coronatests) umgehen. Psychologen konnten zeigen:8 Diese Einstellung wirkt sich bei Erwachsenen positiv auf die mentale Gesundheit aus und führt zu weniger Gefühlen von Angst, Depression und Belastung. Zudem überträgt sie sich auf die Kinder.

Zunehmende Zahlen häuslicher Gewalt im Lockdown

In Familien bei denen häusliche Gewalt bereits ein Thema ist, kann häufigeres Zusammensein die Probleme vergrößern. Doch auch in Familien ohne entsprechenden Hintergrund kann es während des Lockdowns oder der Quarantäne zu mehr Streit, Stress und schlimmstenfalls zu psychischen oder körperlichen Misshandlungen kommen. Durch Home Office, Homeschooling und aufwändigere Planung von Freizeitaktivitäten ist der Alltag bei manchen Eltern bereits voll. Grundbedürfnisse der Kinder wie Ruhe, Bewegung, Essen, Spielen, Lernen, Kuscheln, Zuhören werden zum zeitlichen Balanceakt. Das kann immer wieder zu Frust, einem Gefühl der Überforderung und auch Wut führen, im schlimmsten Fall auch zu Gewalt. Die Gewaltambulanz der Charité Berlin berichtet, verglichen mit dem Vorjahr, im ersten Halbjahr 2020 über 23 Prozent mehr Fälle an Gewalt gegen Kinder. Zudem befürchten Psychologen, dass auch Fälle von Kindesmissbrauch zunehmen.4

Was lässt sich dagegen tun?

Betroffene Kinder oder Jugendliche, aber auch deren Eltern, erhalten bei der “Nummer gegen Kummer” kostenlose Beratung und Hilfe (Mo bis Fr, 15 bis 19 Uhr unter 0800-111 0 333 für Kinder und 0800 111 0 550 für Eltern). Nach Vorfällen sollten diese unbedingt besprochen und nicht totgeschwiegen werden. Hilfreich kann es auch sein, enge Vertraute oder andere Familienmitglieder mit ins Boot zu holen, die mental oder durch Kinderbetreuung unterstützen. Befürchten Sie, dass weiterhin Gewalt auftreten könnte oder sind sie Zeuge von Gewalt geworden, kontaktieren Sie bitte unbedingt eine Beratungsstelle.

Wegfall der Schule

Gehen Kinder nicht mehr täglich in die Schule, fällt auch eine gewohnte Tagesstruktur weg. Außerdem helfen Schulen und Lehrer auch dabei, die rasante Entwicklung der Persönlichkeit und des Verhaltens von Kindern im Auge zu behalten und gemeinsam mit den Eltern und im sozialen Miteinander mit den Mitschülern zu fördern.9 Für Kinder mit speziellen Bedürfnissen und Erkrankungen, aber auch für Kinder mit Lernschwächen besteht die Gefahr, dass die Qualität der Förderung sinkt. Dadurch können Kinder schlimmstenfalls den Anschluss an die restliche Schulklasse verlieren.

Wie kann man die Kinder unterstützen?

Wo immer es möglich ist, sollte eine feste Struktur beibehalten werden. Das heißt, das morgendliche Aufstehen, Schlafengehen, Homeschooling sowie das Bearbeiten von Hausaufgaben oder Selbststudium sollte weiterhin zu den gewohnten Zeiten stattfinden. Bestenfalls bestehen ein sehr enger Kontakt und regelmäßige Rücksprache mit den Lehrern. Um den täglichen Kontakt zu Mitschülern zu ersetzen, sollten Eltern für regelmäßige Kontakte zu anderen Kindern sorgen. Hier lässt sich auch im Rahmen der Corona-Regeln einiges arrangieren.

Bewegungsmangel und fehlender Team-Sport

Sport und Bewegung sind für Kinder besonders wichtig. So lassen sich nicht nur Kraft, Beweglichkeit und Koordination fördern. Auch das Selbstbewusstsein wird gestärkt, die soziale Entwicklung beim Gemeinschaftssport gefördert und überschüssige Energien und Stresshormone können abgebaut werden. Betreibt das Kind normalerweise Teamsport, ist die Umstellung durch den Lockdown noch einschneidender. Denn die Gemeinschaft und der soziale Wettbewerb fördern den Teamgeist und können die Weichen für die spätere Sportlichkeit stellen.

In einer Welt, in der sowieso zunehmend passives Verhalten, langes Sitzen und wenig Bewegung zum Alltag gehören und für zahlreiche gesundheitliche Probleme sorgen, ist das umso bedenklicher.

Wie lässt sich im Lockdown für mehr Sport und Bewegung sorgen?

Idealerweise gehen die Eltern mit gutem Beispiel voran, nehmen Kinder mit zu Spaziergängen, ältere Kinder zu kleinen Joggingrunden, oder spielen Fußball und andere Sportarten mit den Kids. Das verhindert nicht nur, dass die Kinder unsportlicher werden. Zusätzlich erhöhen Sport und Bewegung bei Eltern und Kindern und auch die psychische und körperliche Gesundheit.9 Denn körperliche Aktivität baut Stress ab, erhöht die Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer, und regt das Immunsystem und den Kreislauf an.

Über die Autorin

Dr. Silvia Nold ist promovierte Biologin mit mehrjähriger Erfahrung in der medizinisch-wissenschaftlichen Diagnostik.

Quellen

  1. Singh S, et al. Impact of COVID-19 and lockdown on mental health of children and adolescents: A narrative review with recommendations. Psychiatry Res. 2020 Nov;293:113429.
  2. Fong MW, et al. Upper Respiratory Infections in Schools and Childcare Centers Reopening after COVID-19 Dismissals, Hong Kong. Emerg Infect Dis. 2021 May;27(5):1525-1527.
  3. Jones EAK, et al. Impact of COVID-19 on Mental Health in Adolescents: A Systematic Review. Int J Environ Res Public Health. 2021 Mar 3;18(5):2470.
  4. Galea S, et al. The Mental Health Consequences of COVID-19 and Physical Distancing. JAMA Intern Med. 2020;180(6):817-818.
  5. Ravens-Sieberer U, et al. Seelische Gesundheit und psychische Belastungen von Kindern und Jugendlichen in der ersten Welle der COVID-19-Pandemie – Ergebnisse der COPSY-Studie. Bundesgesundheitsbl, 2021.
  6. Liu JJ, et al. Mental health considerations for children quarantined because of COVID-19. Lancet Child Adolesc Health. 2020 May;4(5):347-349.
  7. Meherali S, et al. Mental Health of Children and Adolescents Amidst COVID-19 and Past Pandemics: A Rapid Systematic Review. Int J Environ Res Public Health. 2021 Mar 26;18(7):3432.
  8. Oosterhoff B, et al. Adolescents’ Motivations to Engage in Social Distancing During the COVID-19 Pandemic: Associations With Mental and Social Health. J Adolesc Health. 2020 Aug; 67(2): 179–185.
  9. Lee J. Mental health effects of school closures during COVID-19. Lancet Child Adolesc Health. 2020 Jun;4(6):421.
  10. Okuyama J, et al. Mental Health and Physical Activity among Children and Adolescents during the COVID-19 Pandemic. Tohoku J Exp Med. 2021;253(3):203-215.
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