Scharfe Augen bis ins hohe Alter: Geht das?

Vor dem geistigen Auge verbinden wir Senioren meist automatisch mit Brille. Kein Wunder, denn die Sehkraft unterliegt eben solchen Alterungsprozessen wie jedes andere Bauteil des Körpers. Doch kann es gelingen, noch als Rentner nicht auf Brillen angewiesen zu sein? Dieser Frage sind wir für sie nachgegangen.

Alt werden, ohne eine Brille zu benötigen

Alt werden, ohne eine Brille zu benötigen. Für viele ein Wunsch, doch kann man ihn sich durch korrektes Verhalten erfüllen? fotolia.com © Syda Productions

1. Gegen die Statistik

Dazu muss man zunächst mal eine grundlegende Frage stellen: Wie viele Erwachsene haben überhaupt gute Augen? Und: Was macht eigentlich „gute Augen“ aus?

  • Zu ersterem gibt es eine Statistik: Über 40 Millionen Deutsche tragen eine Sehhilfe, zusätzlich wird eine hohe Dunkelziffer vermutet, die eigentlich eine braucht, aber keine trägt. Unter dem Strich gibt es (unter allen erwachsenen Altersstufen) bestenfalls 1/3, eher 1/4-1/5 Deutsche, die ohne Brille auskommen.
  • Zu letzterem gibt es die glasklare Definition der Emmetropie, der Rechtsichtigkeit. Das Auge ist in der Lage, ohne zu akkommodieren, einen unendlich weit entfernten Gegenstand scharf zu sehen. Weder leitet man unter Kurz- oder Weitsichtigkeit noch Stabsichtigkeit.

Allerdings ist das nur die enge Auslegung des Begriffs. Breiter umfasst er auch alle anderen Eigenschaften, die nicht mit der Schärfe zu tun haben. Etwa die Fähigkeit, Farben zu erkennen oder Nachtsicht. Rechnet man noch Personen hinzu, bei denen es auch hier hapert, wird die Zahl derer, die absolut gesunde Augen haben, nochmals geringer.

Kaum Chancen also? Mitnichten, denn sehr vieles davon wurde durch Fehlverhalten im Laufe des Lebens erworben, teilweise auch über mehrere Ecken. Im Umkehrschluss bedeutet das, wenn man sich richtig verhält, steigert man seine Chancen teils dramatisch. Aber, so viel sei bereits verraten, das ist eine Lebensaufgabe ohne Garantie.

2. Bildschirmsehen reduzieren

Es ist zwar ein klassischer Mythos, dass man vom Fernsehen viereckige Augen bekommt. Aber dass der Bildschirm, egal ob Computer, Handy oder Fernseher, nicht gerade die beste Augenpflege ist, ist eine Tatsache. Dies aus mehreren Gründen:

  • Der Augapfel wächst, bis er 30 ist. Aber er wächst den Sehanforderungen entsprechend. Bedeutet, wenn man vor diesem Alter zu häufig auf die feste Distanz eines Bildschirms schaut, verlängert sich der Augapfel, man wird kurzsichtig.
  • Die Größe des Bildschirms in Relation zum Abstand zwingt das Auge, sich auf einen sehr engen Kreis zu fokussieren, wo ein Buch oder das Anschauen anderen Dingen es dazu zwingt, sich im gesamten Sichtfeld zu bewegen. Das schwächt die Augenmuskulatur.
  • Das vom Monitor abgestrahlte Licht ist in seiner Frequenz unnatürlich und kann so die Farbwahrnehmung verschieben.
  • Man tendiert dazu, weniger zu blinzeln. Der Augapfel wird trocken, seine Flexibilität leidet ebenso wie der Schutz gegen Keime.

Das Problem, das die Chancen sinken lässt, ist, dass Bildschirmsehen schon heute schwer vermeidbar ist und für die Zukunft nicht weniger werden wird. Die Lösung ist nur, zumindest vor der 30, so wenig wie möglich auf Bildschirme zu starren und wenn, immer wieder Pausen zu machen.

3. Rauchen einstellen

Es gibt kein „gutes Nikotin“.

Es gibt kein „gutes Nikotin“. Egal, wie man es konsumiert, das Auge leidet. Auch wenn die Lunge weniger belastet wird. fotolia.com © deagreez

Es ist eine einfache Wirk-Kette: Nikotin sorgt dafür, dass sich Blutgefäße zusammenziehen. Dadurch steigt der Blutdruck, die Versorgung mit Sauerstoff sinkt. Das alles ist, selbst wenn man die ganzen anderen Schadwirkungen des Rauchens auf das Auge außeracht lässt, ein enormes Risiko für lebenslang gute Augen. Denn dadurch werden die Sehzellen schlechter versorgt, sie degradieren, besonders im Bereich der Makula. Zudem verringert sich gleichermaßen die Versorgung mit Nährstoffen und der Abtransport von Abbauprodukten.

Daher ein guter Rat: Finger weg von allem, das Nikotin enthält. Nicht nur Zigaretten.

4. Alkohol reduzieren

Alkohol wirkt sich negativ auf die Tränenflüssigkeit aus. Eine Studie aus Südkorea zeigte, dass der Tränenfilm abreißen kann und verschiedene Symptome von trockenen Augen auftreten. Langfristig andauernde Beschwerden verbleiben zwar nicht, wenn man nur gelegentlich Alkohol konsumiert, doch je häufiger man es betreibt und je härter die Getränke sind, desto höher das Risiko – von der Gefahr einer Alkoholsucht ganz zu schweigen.

5. UV-Schutz einhalten

Sonnenbrillen sollte man konsequent immer tragen

Mehr als Fashion: Sonnenbrillen sollte man konsequent immer tragen, wenn die Wolken aufreißen. Auch im Winter. fotolia.com © PointImages

Unsere Haut schützt sich, wenn sie mit UV-Strahlen bombardiert wird, indem sie sich braun einfärbt. Unsere Augen haben diesen Luxus nicht. Schon deshalb, weil es ein evolutionärer Nachteil wäre, wenn die Augen sich unter Sonneneinstrahlung „selbst tönen“ könnten. Nein, Augen sind den hochenergetischen UV-Strahlen (die hochfrequente UV-C-Strahlung grenzt schon an Röntgenstrahlen) schutzlos ausgeliefert. Jeder Strahl macht sie ein klein wenig schlechter. Unter anderem deshalb, weil diese Lichtfrequenzen oxidative Prozesse auslösen, welche die Brillanz reduzieren, also das Sehen eintrüben.

Die Maßgabe muss also lauten „Lebenslang so wenig UV-Strahlen wie möglich“. Eine Sonnenbrille mit UV-400-Schutz sollte bei jeder Außen-Tätigkeit an (halbwegs) sonnigen Tagen auf der Nase sitzen, egal zu welcher Jahreszeit. Zudem sollten die Bügel breit und die Brille dicht vor den Augen sein, damit so wenig Streulicht wie möglich die Barriere überwinden kann.

6. Nährstoffversorgung sicherstellen

Viel wird darüber diskutiert, welche Nährstoffe für das Auge wichtig sind. Etwa bei Möhren, deren Beta-Carotin zum wichtigen Vitamin-A umgewandelt wird. Doch Fakt ist: Das Auge kennt keine „unwichtigen“ Nährstoffe. Alles, was wir dem Körper zuführen bzw. was teilweise über Umwege von ihm produziert wird, ist essentiell wichtig zur Erhaltung der Sehkraft.

Das macht die Vorgehensweise aber auch einfacher: Eine klassische, im besten Sinn „ausgewogene“ Ernährung gibt dem Auge alles, was es braucht, völlig ohne Vitaminpräparate. Auch hier gilt, die Summe macht‘s. Bloß sollte die Ernährung im Mittel ausgewogen sein.

7. Sport treiben

Hat Jogging etwas mit den Augen zu tun? Ist Gewichtheben gut für die Sehkraft? Bei beidem würde man als Laie spontan den Kopf schütteln. Doch auch hier ist wieder der Umweg das, was augengesund ist. Sport führt immer dazu, dass das Herz/Kreislaufsystem gekräftigt wird. Unter anderem sorgt er dafür, dass:

  • der Ruhepuls sinkt
  • der Blutdruck sinkt
  • die Pumpleistung des Herzens steigt
  • die Sauerstoffaufnahme verbessert wird
  • die Nährstoffversorgung der Zellen erhöht wird
  • das Abführen von Giftstoffen beschleunigt wird

All diese Prozesse sind eben nicht nur gut für die Muskeln, sondern auch die Augen. Täglich eine Stunde Sport ist die vielleicht einfachste Gesundheitsvorsorge, die man seinen Augen angedeihen lassen kann.

8. Augenpflege – buchstäblich

Schlaf als Augenpflege

Ein Nickerchen in Ehren kann niemand verwehren. Zumindest für die Augen ein uneingeschränkt gültiger Satz, da ist jeder Schlaf kostbar. fotolia.com © Impact Photography

Wir alle kennen diesen schelmischen Begriff „ich geh‘ mal etwas Augenpflege betreiben“. Der im gesamten deutschsprachigen Raum bekannte Code für „Nickerchen-Zeit“. Doch was von den meisten nur augenzwinkernd dahergesagt wird, ist eigentlich die reinste Wahrheit. Schlaf ist sehr gut für die Augen. Auch hier wieder aus unterschiedlichen Gründen:

  • Die Muskulatur ist tiefenentspannt, auch die des Auges. Es muss sich auf nichts fokussieren und kann völlig relaxen. Verstärkt wird das dadurch, dass während des Schlafs auch Stress abgebaut wird.
  • Der Augapfel wird regelrecht in Tränenflüssigkeit gebadet, weil die Lider geschlossen sind. Das und die Ausscheidungen der Meibomdrüsen sorgen dafür, dass Schmutzpartikel aus dem Auge gespült werden (wir kennen das als Schlaf- oder Augensand)
  • Der Blutdruck sinkt, das ist immer gut fürs Auge

Dabei gilt: Jedes noch so kurze Nickerchen ist eine kleine Auszeit für die Augen.

Chancenabschätzung

Wer all diese Schritte lebenslang eifrig befolgt, steigert definitiv seine Chancen dafür, auch noch als Senior ohne Brille durchs Leben gehen zu können. Eine absolute Garantie gibt es jedoch nicht. Zu viele Augenerkrankungen resultieren aus Umwelteinflüssen, die wir nicht abändern können und eine ganze Menge davon hat auch mit der genetischen Veranlagung zu tun. Doch selbst wenn all diese Schritte nicht verhindern können, dass man später kurz- oder weitsichtig wird, eines vermögen sie mit Sicherheit: Die Risiken für all die anderen Krankheiten zwischen grauem und grünem Star und verminderter Lichtempfindlichkeit signifikant zu verringern. Das ist noch mehr wert, als bloß auch ohne Sehhilfe „scharfstellen“ zu können.

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