Blitzguss (Kneipp)

Kneipp-Anwendungen: Blitzguss – Schenkelblitz, Rückenblitz, Vollblitz

Kneipp-Anwendung: Rückenblitz - Führung des Wasserstrahls

Kneipp-Anwendung: Rückenblitz – Führung des Wasserstrahls

Blitzguss (Bl)

Sein Name verrät, daß er als Reizträger nicht nur durch seine Wassertemperatur, sondern auch durch die Vehemenz seines Strahles auf den Körper einwirkt. Durch die Verengung des Gießmundstückes, eines konischen Metallrohres von V2 Zentimeter Durchmesser, verstärkt sich der Wasserdruck aus der Leitung auf drei Atmosphären. Die Verabreichung eines Blitzgusses setzt natürlich den entsprechenden Wasserdruck voraus. Der Wasserstrahl soll in drei bis vier Meter Entfernung noch waagrecht sein, wenn er auf die Körperoberfläche trifft. Mit dem gestreckten Zeigefinger kann der Wasserstrahl, der keinesfalls auf alle Körperteile in gleicher Stärke auftreffen darf, reguliert werden. Empfindliche Körperpartien sind die Wirbelsäule, das Schienbein, die Nierengegend, der Leib und die Schamteile. Wenn Krampfadern vorhanden sind, müssen die Beine ausgespart werden.

Wie jeder andere Guss kann der Blitzguss kalt, warm bis heiß und im Wechsel gegeben werden. Der Wechsel wird nur einmal vollzogen, d.h., nach dem Warm- oder Heißblitz wird der abschließende Kaltblitz verabreicht. Wie beim Wechselvollguss ergeben sich auch hier Variationsmöglichkeiten. Es kann der Kaltanteil nach dem Warmblitz als Kaltabguss oder als Regen verordnet werden. Unter Regen verstehen wir einen durch den Zeigefinger abgeschwächten Blitzgussstrahl, der durch den bremsenden Finger so aufgeteilt wird, daß ein Regen entsteht.

Wir unterscheiden zwischen Knie-, Schenkel-, Unter-, Rücken- und Vollblitz. Da Blitzgüsse nur im Kurgebrauch möglich sind, sollen hier nur die drei wichtigsten Blitzgussarten beschrieben werden.

Bei allen Blitzgüssen ist völliges Entkleiden notwendig. Es empfiehlt sich, eine Bademütze zu tragen.

Schenkelblitz (SBI)

Er ist der häufigst gebrauchte Blitzguss.

Gießfolge: Zuerst beginnt man mit einem Regen, der bis zum Gesäß reicht; in diesem Regen dreht sich der Patient einige Male um; dann wird ein abgeschwächter Strahl auf den Fußrücken gerichtet; über die Wade geht man dann mit voller Stärke bis zum Gesäß; dort erfolgen drei Umkreisungen; an der Innenseite des Beines wird dann der Strahl abwärts geführt; links geht man in der gleichen Weise vor; das Ganze wird auf beiden Seiten wiederholt; die Verabreichung des Gusses auf der Rückseite schließt mit dem Peitschen beider Beine ab; unter Peitschen wird eine wellenförmige Bewegung des Schlauches verstanden, so daß der Wasserstrahl abgeschwächt auf den Körper auftrifft; in der zweiten Phase des Blitzgusses wird die Vorderseite mit gleicher Schlauchführung behandelt; der Strahl wird abgeschwächt, das Schienbein ausgespart und beim Abführen des Gusses am Oberschenkel dreimal die Kniescheibe umkreist; in der dritten Phase des Gusses stellt sich der Patient seitwärts, das rechte Bein einen Schritt vorgestellt (Fechterstellung); der Blitzstrahl wird nun an der Außenseite des Beines hochgeführt, umgießt dreimal den Gesäßmuskel und geht wieder den gleichen Weg nach unten; an der Innenseite des anderen Beines wird mit abgeschwächtem Strahl geblitzt; es erfolgt dann eine Volldrehung des Patienten, so daß die Außenseite des linken und die Innenseite des rechten Beines dem Gießenden zugekehrt ist; nach einem Abblitzen der Beine in dieser Stellung erfolgt der abschließende Regen beider Beine, wobei sich der Patient einmal dreht.

Bei jedem Blitzguss kommt zum Temperaturreiz noch die mechanische Einwirkung des Druckstrahles im Sinne einer Massage. Die bereits beschriebene zweifache Wirkung einer Kneippanwendung, die Beeinflussung des gesamten Organismus über das vegetative Nervensystem und die lokale Wirkung, ist bei dieser kräftigen Anwendung besonders eindrucksvoll.

Die Heilanzeigen für den Schenkelblitz sind vorwiegend muskuläre Verspannungen beider Beine und die Arthrose der Knie- und Fußgelenke. Nochmals sei betont, daß Venenerweiterungen, Krampfadern und Blutungsneigung ins Gewebe die Verordnung eines Blitzgusses an den Beinen verbieten. Außerdem ist zu beachten, daß bei Frauen generell, infolge der Druckempfindlichkeit ihres Gewebes, in der Verordnung von Blitzgüssen äußerste Vorsicht geboten ist.

Rückenblitz (RBl)

Der heiße Rückenblitz entwickelte sich zu einer bewährten Heilmaßnahme. Die Temperatur dieses Spezialgusses beträgt ca. 40 – 43°.

Gießfolge: Man beginnt am rechten Gesäßmuskel, der mit dem Blitzstrahl dreimal umkreist wird; dann wird das Kreuzbein, die sogenannte Raute, in das Gießgeschehen einbezogen; im Anschluß daran wird der linke Gesäßmuskel dreimal umkreist; danach wird der Blitzstrahl entlang der Wirbelsäule (nicht auf der Wirbelsäule) bis zum Nacken und dann abwärts geführt; auf der linken Seite verfährt man ebenso; dann geht man wieder vom Gesäß bis zum Nacken zickzackförmig nach oben (Tannenbaumform) und zurück, zuerst rechts und dann links; die Strichführung von unten nach oben: von unten außen nach oben innen; von oben nach unten: von oben außen schräg nach unten innen.

Nach diesem kräftigen Guss, der drei bis vier Minuten dauert, ist Bettruhe von einer Stunde notwendig. Der Heißblitz des Rückens wird bei muskulären Verspannungen im Rückenbereich, beim sogenannten HWS- und LWS-Syndrom (Verspannung und Beschwerden im Bereich der Halswirbel- und Lendenwirbelsäule), aber auch beim chronischen Bandscheibenschaden mit gutem Erfolg eingesetzt.

Vollblitz (VBl)

Der Vollblitz ist die stärkste aller Anwendungen. Er wird innerhalb einer Kneippkur nur in Einzelfällen verordnet:

Kneipp-Anwendung: Vollblitz

Kneipp-Anwendung: Vollblitz

Gießfolge: Zu Beginn erfolgt ein Abregnen beider Beine bis zum Gesäß; dann wird der Blitzgussstrahl vom rechten Fuß über die Rückseite des Beines zum Gesäß geführt; das Gesäß wird dreimal umkreist; das linke Bein wird dann in gleicher Weise behandelt; es erfolgt ein Wechsel zur rechten Hand; von dort wandert der Strahl an der Rückseite des Armes bis zum Schulterblatt, das ebenfalls dreimal umkreist wird; am Arm geht man wieder abwärts, um unterhalb des Gesäßes auf den linken Arm zu wechseln, der in gleicher Weise behandelt wird; nach Bearbeitung von Beinen und Armen wird der Rücken abgeblitzt; man geht rechts neben der Wirbelsäule hoch bis zum Nacken und dann wieder zurück; nach einem Wechsel über das Gesäß zur linken Seite wird in gleicher Weise verfahren; mit dem Abpeitschen der gesamten Rückenpartie einschließlich der Arme und Beine findet der erste Teil des Gusses seinen Abschluß (das Peitschen wird durch schnelles Auf-und-Ab-Bewegung des Blitzstrahles erreicht – das Peitschen geschieht in horizontaler Richtung).

Im zweiten Teil des Vollblitzes wird die Vorderseite behandelt; zuerst werden die Beine unter Aussparung der Schienbeine abgeblitzt, dann fährt der abgeschwächte Strahl am rechten Arm hoch, umkreist dreimal die rechte Brustseite (nur bei Männern); das gleiche erfolgt am linken Arm und der linken Brustseite, nachdem über die Oberschenkel gewechselt wurde; mit deutlich abgeschwächtem Strahl geht man von der linken Hand zum Leib, der ebenfalls dreimal umkreist wird; der Abgang erfolgt am linken Bein.

Im dritten Teil des Gusses wird wieder die Fechterstellung eingenommen: seitliche Haltung, das rechte Bein ein Schritt vor; der rechte Arm kommt in Vorhalte, der Kopf ist etwas zurückgeneigt; mit vollem Strahl wird die Außenseite des Beines, mit abgeschwächtem Strahl die Körperseite von der Beckenschaufel bis zur Achselhöhle, dann wieder der rechte Arm mit vollem Strahl abgeblitzt; Abgang vom Körper erfolgt an der Innenseite des linken Beines mit abgeschwächtem Strahl; schließlich wird dann noch die ganze Körperseite abgeblitzt; nach einer Volldrehung wird die andere Körperseite genauso behandelt.

Die Verabreichung eines Vollblitzes setzt stabile Kreislaufverhältnisse und ein festes Gewebe voraus. Er wird als Bestandteil einer Kneippkur, meist in der dritten oder vierten Kurwoche, verordnet, die ja als Ganzes eine umstimmende Wirkung hat und einen Heilvorgang, besonders bei chronischen Leiden, in Gang setzt. Darüber hinaus erzielt man eine gute Wirkung bei Muskelrheumatismus und allen Verbrauchserscheinungen an Wirbelsäule und Gelenken.

Über den Autor

Dr. med. Mathäus Fehrenbach: Facharzt für Allgemeinmedizin, Badearzt, Naturheilverfahren

Quelle

Fehrenbach, Dr. med. Mathäus: Kneipp von A-Z: Das Gesundheitsbuch für alle; Verlag: Radgeber Ehrenwirth; 6. Auflage 2010

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Kursanatorium Dr. Fehrenbach.

 

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