Süchte und das Digitale: Phänomene der heutigen Zeit, die du ernst nehmen solltest

Online-Sucht

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Stoffliche und nichtstoffliche Süchte sind prinzipiell so alt wie die Menschheit selbst. Allerdings hat die Digitalisierung mit ihrer ständigen Verfügbarkeit von Internetverbindungen und leistungsfähigen Endgeräten einige Süchte stark gefördert. Diese existierten in ihrer heutigen Form vorher gar nicht oder waren eher eine Randerscheinung. Wir haben zusammengefasst, um welche Süchte es sich vornehmlich handelt, wie genau sie sich manifestieren und was du gegen sie tun kannst.

Online-Sucht im Allgemeinen

Was genau ist das?

Wir alle sind heutzutage fast immer und überall online. Sei es für den Beruf oder fürs Privatleben – das Internet ist zu einem essenziellen Bestandteil unser aller Dasein geworden. Es ist nicht mehr wegzudenken. Gefährlich wird es allerdings, wenn eine echte Abhängigkeitsstörung entsteht. Diese wird mitunter auch „Internetnutzungsstörung“ genannt.

Die Nutzung des Internets und bestimmter Anwendungen oder Programme bestimmt dabei das Verhalten der Betroffenen. Innerhalb der allgemeinen Online-Sucht, die sich auf kein genaues Feld beschränken lässt, gibt es wiederum verschiedene Formen der Abhängigkeit. Bei Vielspieler:innen von Onlinespielen und Nutzer:innen sozialer Medien besteht ein besonders hohes Suchtpotenzial.

Die Folgen und Auswirkungen dieser Sucht

Neuere epidemiologische Studien haben gezeigt, dass Männer und Frauen von einer Online-Sucht fast gleich häufig betroffen sind. Bei der Art der Internetnutzung jedoch konnten deutliche Geschlechterunterschiede beobachtet werden. So nutzen 77,1 Prozent der 14- bis 24-jährigen internetnutzenden Frauen vorwiegend soziale Netzwerke und nur 7,2 Prozent Online-Computerspiele. Bei den internetnutzenden Männern sind es 64,8 Prozent, die hauptsächlich Online-Computerspiele nutzen und 33,6 Prozent, die soziale Netzwerke nutzen.

Sie alle laufen Gefahr die Kontrolle über die Internetnutzung zu verlieren. Das bedeutet, dass der Impuls der Nutzung den Alltag so stark bestimmen kann, das andere alltägliche Dinge vernachlässigt werden. Das wiederum führt häufig nicht nur dazu, dass Schule oder Beruf unter der Sucht leiden, sondern dass mitunter zudem psychische Erkrankungen entstehen. Von chronischem Stress bis hin zu depressivem Leiden kann die Bandbreite dieser Krankheiten reichen.

Mögliche Abhilfe im Überblick

Möchtest du von Anfang an vermeiden, dass du onlinesüchtig wirst, solltest du immer wieder gezielt „Offline-Zeiten“ einlegen. Digital Detox ist schon länger eine beliebte Strategie. Das bedeutet aber nicht allein, dass du dir regelmäßig Urlaub nimmst. Vielmehr musst du dir das Recht herausnehmen, hin und wieder einfach nicht erreichbar zu sein.

Zusätzlich tut es dir sicherlich gut, bestimmte Trigger zu beobachten, die dich etwa spontan zu Handy, Tablet oder einem anderen internetfähigen Gerät greifen lassen. Gibt es Signaltöne beim Eingang von Nachrichten, die förmlich ein Glücksgefühl in dir auslösen oder Ähnliches? Schalte sie am besten aus, um nicht von ihnen „beherrscht“ zu werden.

Online-Sucht

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Porno-Sucht

Was genau ist das?

Porno-Sucht bezeichnet eine Abhängigkeit nach dem Konsum pornografischer Inhalte – vorwiegend in Form von Videos im Internet. Diese Sucht wird erst seit Kurzem als zwanghafte sexuelle Störung anerkannt. Seitdem allerdings nehmen sie immer mehr Mediziner:innen ernst. Betroffen sind viele Digital Natives im jungen Erwachsenenalter. Bei ihnen wiederum sind die genauen Ursachen für die Sucht unterschiedlich:

  • Eine Gruppe verspürt viel Druck (sozial/ beruflich) und möchte diesen über den Pornokonsum loswerden.
  • Andere Betroffene wiederum haben im echten Leben noch keine sexuellen Erfahrungen gesammelt. Der Pornografie-Konsum dient ihnen als Ersatz.
  • Wieder andere befinden sich schon in einem Alter, in dem in einer langjährigen Partnerschaft eventuell die Sexualität abhandengekommen ist. Hier wird das „Verlorene“ im Internet gesucht.

Die Folgen und Auswirkungen dieser Sucht

Die Folgen einer Porno-Sucht werden von Laien oft als lächerlich abgetan. Der Psychotherapeut Dr. Kornelius Roth, der seit vielen Jahren mit sex- und pornosüchtigen Patient:innen arbeitet, spricht allerdings von einer „lebenslangen Verwundung“, die eine Pornosucht erzeugen kann. Problematisch ist zunächst einmal, dass viele Pornos unrealistisches Aussehen und Handlungen enthalten. Geht man davon aus, dass Gesehene entspräche der Realität, hat das gerade bei jüngeren Menschen massive Auswirkungen auf die sexuelle Entwicklung. Neben Erektionsstörungen bei „echten“ sexuellen Handlungen kann eine Pornosucht ferner zu diversem psychischem Leid führen. Im Schlimmsten Fall können selbst Depressionen durch sie entstehen.

Mögliche Abhilfe im Überblick

Viele bereits Porno-Süchtige sowie Suchtgefährdete befürchten im Rahmen einer Abhilfe oder Vorsorge keinerlei Sexualität mehr ausleben zu dürfen. Allerdings geht es einzig und allein darum, Porno-Abstinenz zu leben – Sex oder Onanie sind nach wie vor erlaubt und erwünscht. Niemand muss oder sollte völlig enthaltsam leben. Abgesehen davon, wird geraten, sich eine Alternativbeschäftigung zu suchen. Ein neues Hobby oder das vermehrte Treffen von Freund:innen kann dabei helfen, weniger oft an den Pornokonsum zu denken. Mit der Zeit kann so wieder eine neue achtsamere und verbindlichere Sexualität und gar eine Beziehung aufgebaut werden.

Porno-Sucht

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Online-Glücksspielsucht

Was genau ist das?

Seit Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags zum 01. Juli 2021 können bundesweit Lizenzen für Online-Glücksspiele vergeben werden. Dadurch können Menschen nun legal in Online-Casinos in Deutschland spielen. Nicht unproblematisch ist das hinsichtlich der ernstzunehmenden Online-Glücksspielsucht. Sie bezeichnet das zwanghafte Verlangen danach, mit Echtgeld Glücksspiel im Netz zu betreiben. Es liegen Studiendaten vor, die ergeben haben, „dass nahezu jeder fünfte Spielende von Online-Casinospielen ein problematisches oder abhängiges Spielverhalten zeigt“.

Die Folgen und Auswirkungen dieser Sucht

Für Betroffene der Online-Glücksspielsucht dominiert auch diese Abhängigkeit das Leben. Die Familie, die Schule oder der Beruf sowie andere Interessen treten gegenüber der Sucht in den Hintergrund. Soziale Isolation ist ebenfalls keine Seltenheit. Besonders problematisch ist zudem, dass die Sucht oft mit finanziellen Problemen einhergeht. Denn Betroffene verspielen oft weit mehr Geld als ihnen zur Verfügung steht. Dafür werden Schulden aufgenommen, die sich nach und nach anhäufen. Der Schritt in die Kriminalität als „Lösung“ dafür führt zu weiteren Schwierigkeiten.

Mögliche Abhilfe im Überblick

Neben umfassenden Maßnahmen staatlicherseits, die zur Eindämmung der Online-Glücksspielsucht führen sollen, ist es vor allem wichtig, dass Gefährdete oder Betroffene Verantwortung für ihr Spiel übernehmen. Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Maßnahmen, die auch du ergreifen kannst, wenn du Online-Spielsucht vermeiden möchtest. So ist beispielsweise wichtig, dass du dir persönliche Zeit- oder Einzahllimits in Casinos setzt. Dadurch vermeidest du es, in sich automatisierende Strudel zu geraten, die meist einen Kontrollverlust mit sich bringen. Genau wie bei anderen Süchten, kannst du außerdem in Erwägung ziehen, die entsprechende Telefonnummer der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu wählen. Sie bietet eine Telefonberatung zur Glücksspielsucht mit Unterstützung des DLTB an. Dabei findet auch eine Beratung bei „persönlichen Problemen und schwierigen Lebenssituationen, die durch Glücksspielsucht oder problematisches Glücksspielverhalten entstanden sind“, statt.

Reguläre Gaming-Sucht (IGD)

Was genau ist das?

Die Online-Glücksspielsucht ist nur eine der Spielsüchte im Internet. Ähnlich stark verbreitet ist die reguläre Gaming-Sucht (IGD). Sie beschreibt eine problematische Nutzung von Videospielen, die so weit geht, dass der Alltag unter ihr leidet. Zu den Videospielen gehören Spiele, die online und offline gespielt werden. Dabei wird nicht zwischen Spielgenres oder Spielen verschiedener Konsolen oder dem PC unterschieden.

Die Folgen und Auswirkungen dieser Sucht

In einer für Deutschland repräsentativen Stichprobe von 12- bis 25-Jährigen konnten interessante Erkenntnisse zur Sucht gewonnen werden. So zeigten sich statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen der regulären Gaming-Sucht und

  • männlichem Geschlecht,
  • niedrigerem Lebensalter,
  • höherer Depressivität,
  • höherer Ängstlichkeit und
  • häufigerer Vernachlässigung sozialer Kontakte wegen der Computerspielnutzung.

Auch hier ist das Risiko hoch, dass die Sucht zudem zu einer Vernachlässigung der „Karriere“ führt und Betroffene damit ins soziale Abseits geraten.

Mögliche Abhilfe im Überblick

Rund um die Gaming-Sucht ist es ebenfalls hilfreich, kontrolliertes Spielen zu üben. Um einer Abhängigkeit entgegenzuwirken, solltest du also bestimmte Spielzeiten nicht überschreiten. Du kannst dir zudem einen Tageszeitpunkt (beispielsweise 18 Uhr) setzen, ab dem du für mehrere Stunden spielen darfst. Spätestens zwei oder drei Stunden bevor du ins Bett gehst, sollte dann wieder Schluss sein. Belohne dich darüber hinaus mit bestimmten Dingen, wie einem leckeren Essen oder etwas Anderem, wenn du dich an deinen „Spielplan“ hältst und nicht impulsgesteuert handelst. Zudem kann es helfen, dass du dir zum Gaming ein zusätzliches Hobby suchst, das dich erfüllt und das deiner Gesundheit zuträglich ist, wie etwa eine bestimmte Sportart.

Gaming-Sucht

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Social-Media-Sucht

Was genau ist das?

Die Social-Media-Sucht ist eine Abhängigkeit des Gebrauchs diverser sozialer Medien im Internet. Ähnlich wie eine substanzbezogene Sucht sorgt die Nutzung von Social Media bei vielen Nutzer:innen für starke Dopaminreaktionen im Gehirn. Vielleicht kennst du das, dass es dir, während du durch Instagram oder TikTok scrollst gut geht, wenn du das Handy weglegst aber schon weniger. Das Dopamin kann hierfür dir Ursache sein. Mitunter führt der Konsum dazu, dass vielleicht auch du durch zu viel soziale Medien immer mehr von ihnen willst und dein Verlangen irgendwann kaum noch zu stillen ist. Im Drogen- und Suchtbericht 2019 der Bundesdrogenbeauftragten konnte festgestellt werden, dass 2,6 Prozent der 12- bis 17-Jährigen die Kriterien einer solchen Social Media Disorder erfüllen. Dieser Prozentsatz entspricht etwa 100.000 Betroffenen in Deutschland.

Die Folgen und Auswirkungen dieser Sucht

Für viele Menschen – vor allem in jungem Alter – ist die Social-Media-Sucht eine Art Ablenkung zu den Herausforderungen des Alltags. In den sozialen Medien müssen sie nicht viel denken, finden Gleichgesinnte und verspüren Glücksgefühle. Allerdings stellt das ein ungesundes Eskapismus-Verhalten dar. Denn mit der Zeit werden die Probleme im Alltag nicht weniger. Zudem ist das Angebot an ansprechenden Inhalten in den sozialen Medien hoch. Schöne Bilder, hübsche Texte und Harmonie dominieren die Netzwerke. Das ist ein Zerrbild der Realität. Gerade, wenn es um das eigene Selbst(bild) geht, kann Social Media eine Gefahr darstellen. Denn niemand ist so „perfekt“, wie es Instagram & Co. propagieren. Psychische Probleme sind als Folge eines permanenten Konsums keine Seltenheit.

Mögliche Abhilfe im Überblick

Genau wie bei anderen Internetsüchten ist Abstinenz der einzig wahre Weg aus der Abhängigkeit. Besonders gut funktioniert das bei sozialen Medien, indem entsprechende Apps ganz einfach von Smartphone und Tablet gelöscht werden. Andernfalls ist die Hürde, wieder auf die Programme zu tippen, einfach zu gering. Wer du nicht völlig auf bestimmte soziale Medien verzichten möchtest, solltest du deine Nutzungszeit streng beschränken. Es gibt inzwischen sogar Apps, die soziale Medien blockiert, wenn du das eingestellte Limit erreicht hast.

Foto- und Video-Sucht

Was genau ist das?

Bereits seit Jahren kursierten immer wieder Erzählungen von der „Selfie-Sucht“ – dem zwanghaften Drang, sich selbst zu fotografieren und diese Fotos meist online verfügbar zu machen. Im Jahr 2017 schließlich konnten Forscher „das Phänomen Selfitis“ nachweisen. Sie kamen zu dem Schluss, das Betroffene über ein geringes Selbstbewusstsein verfügen und mit den Selfies vornehmlich ihre Stellung in ihrer sozialen Gruppe verbessern möchten. Die Sucht lässt sich dementsprechend auch als eine Art Selbstdarstellungssucht bezeichnen. Sie schließt neben Fotos genauso Videos mit ein, bei denen man sich selbst filmt. „Bewegte Selfies“ sind besonders auf der Plattform TikTok ein Phänomen.

Die Folgen und Auswirkungen dieser Sucht

Wie bereits erwähnt, fühlen sich Menschen mit Foto- und Video-Sucht besser, wenn sie sich selbst im Internet reproduzieren. Das Schießen und Posten von Fotos und Videos hebt die Stimmung und trägt dazu bei, dass für jedes Like und jeden positiven Kommentar die Stimmung ein wenig steigt. Erfolgt all dies jedoch nicht, kommt es zum gegenteiligen Effekt: Die Laune und der Selbstwert sinken. So entsteht ein Teufelskreis der Abhängigkeit, der dauerhaft fast immer zu ernsteren psychischen Problemen führt.

Mögliche Abhilfe im Überblick

Ähnlich wie bei der Social-Media-Sucht ist es ratsam, dass du bei einer Tendenz zur Selfitis bestenfalls entsprechende Apps löschst. Das muss nicht für immer sein – solange du einen extremen Drang danach verspürst, stets neue Fotos und Videos von dir zu posten, solltest du aber Abstand von triggernden Apps nehmen. Solltest du allein nicht in der Lage sein, dir zu helfen, kannst du immer zusätzlich professionelle psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Oft hilft es allein schon, mit jemand Fremdem über die Sucht zu sprechen.

Foto- und Video-Sucht

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Hardware-Sucht

Was genau ist das?

Unter Hardware-Sucht versteht man die Sucht nach Hardware in jeglicher Form, sprich, nach elektronischen Geräten, wie dem Smartphone, einem Tablet, einem PC, einer Gaming-Konsole, einem TV oder vielem anderen. Dabei sind Hardware-Süchtige meist nicht süchtig nach dem Gebrauch eines bestimmten Gerätes. Vielmehr sehen sie sich lediglich dem Zwang ausgesetzt, stets ein solches Gerät in Gebrauch zu haben und sich damit zu beschäftigen.

Die Folgen und Auswirkungen dieser Sucht

Die Hardware-Sucht kann, je nach Ausprägung, unterschiedliche Folgen haben. Die Aufklärungsplattform drugcom.de beschreibt ein drastisches Beispiel:

„Plötzlich konnte er seinen linken Daumen kaum noch bewegen. Ein 29-Jähriger spielte seit etwa acht Wochen täglich mit der linken Hand am Smartphone, während er mit der rechten andere Dinge erledigte. Das Spielen sei eher eine Nebensache gewesen, sagte er, die er aber den ganzen Tag betrieb. Als der Daumen sich nur noch eingeschränkt bewegen ließ, begab er sich in ärztliche Behandlung. Die Diagnose: Eine gerissene Sehne.“

Es ist nicht entscheidend, ob es sich um das Spielen eines Spiels oder eine sonstige Beschäftigung handelt – die Hardware-Sucht beeinflusst die Gesundheit der Betroffenen und schränkt deren eigenen Willen ein. Hier kommt es daher ebenfalls oft zu sozialen Problemen, dem Vernachlässigen wichtiger alltäglicher Dinge sowie psychischen Krankheiten.

Mögliche Abhilfe im Überblick

Der Verzicht auf die Nutzung einer Vielzahl von Hardware ist bei einer entsprechenden Sucht der beste Ausweg. Ist es dir nicht möglich, dem Drang nach der Nutzung ohne fremde Hilfe zu widerstehen, kannst du dich erst einmal an Freunde und Familie wenden. Sie können dich darauf aufmerksam machen, wenn du gedankenlos wieder zu verschiedenen Geräten greifst. Ansonsten können persönliche Coaches und natürlich Therapeut:innen helfen.

App-bezogene Süchte

Was genau ist das?

Apps, also bestimme Anwendungen auf Smartphone und Tablet, können eigene Suchtmechanismen entwickeln. App-bezogene Süchte funktionieren dabei ähnlich wie die bereits beschriebene Sucht nach sozialen Medien. Bestimmte Mechanismen der Apps sorgen für die Ausschüttung von Glückshormonen im Gehirn. Diese Belohnungssysteme möchten immer wieder angesprochen werden, weshalb Betroffene diverse Apps fast ferngesteuert öffnen und nutzen. Aus Sicht der Entwickler ist es nachvollziehbar, dass sie ihre Apps so programmieren, dass Nutzer:innen die Anwendungen möglichst intensiv nutzen. Genannt wird das in der Fachsprache „user engagement“. Das regelmäßige Starten einer App wiederum nennt sich „retention“. Dadurch erhöht sich für Entwickler beispielsweise die Chance, dass die Nutzer:innen möglichst viel Werbung sehen oder/ und sie anklicken.

Die Folgen und Auswirkungen dieser Sucht

Nicht unähnlich bestimmter Substanzen, die Glücksgefühle erzeugen, kann die Nutzung mancher Apps ebenfalls eine schwerwiegende Suchterkrankung hervorrufen. Betroffene leiden dabei nicht allein unter psychischen Problemen, wenn sie nicht ständig von Apps Nachrichten bekommen und die Anwendungen nutzen. Vielmehr kann es gar zu körperlichen Reaktionen kommen. Kopfschmerzen, Unruhe, Nervosität, Zittern, Schwitzen und andere Symptome sind keine Seltenheit bei App-bezogenen Süchten.

Mögliche Abhilfe im Überblick

Sobald du feststellst, dass auch du dazu neigst, bestimmte Apps unbewusst zu öffnen und zu nutzen, sollten die Alarmglocken schrillen. Schaue, ob du in den Einstellungen deiner Geräte und Anwendungen Einstellungen zu Push- und Benachrichtigungsfunktionen findest. Schalte diese zunächst auf jeden Fall aus – sie stellen die vielleicht stärksten Trigger für die App-Nutzung dar. Zudem kannst du deine Geräte beispielsweise zwei oder drei Stunden vor dem Schlafengehen aus dem Zimmer „verbannen“. Greife stattdessen eher zu einem Buch oder betreibe Meditation und andere Techniken, um zumindest gegen Abend zur Ruhe zu kommen und Abstand von den Apps zu finden. Nach und nach solltest du lernen, die Anwendungen wirklich nur dann zu öffnen, wenn du dir einen konkreten und vorher festgelegten Nutzen von ihnen ausmalst.

Handy-Sucht

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Zusammenfassung

Der eine zieht ständig das Handy hervor, ohne wirklich etwas prüfen zu wollen. Die andere gerät durch ständigen Social-Media-Konsum in den Glauben, jeder hätte ein spannendes Leben, außer sie selbst. Ein Dritter wiederum bekommt durch millionenfach verfügbare Pornos, auf die er zugreift, nicht nur ein völlig verzerrtes Bild von Sex und Zweisamkeit, sondern kann obendrein „normale“ körperliche Liebe kaum noch genießen.

Die digitale Welt ist voll von solchen Beispielen – und das in allen Ländern der Erde. Keines dieser Phänomene wird von den Erstellern und Betreibern mit böswilligen Absichten verursacht oder bestärkt.

Allerdings wird oft auch zu wenig dafür getan, die Zustände zu ändern, um möglichen Süchten entgegenzuwirken. Für dich bedeutet das: Sei stets aufmerksam, was deinen Digitalkonsum anbelangt. Erkenne, dass vieles heute äußerst suchtfördernd gestaltet ist und verhalte dich entsprechend. Denn Süchte können jeden erfassen und bringen stets negative Folgen mit sich.

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